„Nicht zuverlässig nachweisbar“: Wie sich Freiburger Hochschulen gegen  KI-Betrug rüsten Hochschule | 13.10.2023 | Till Neumann

ChatGPT

Studierende dürfen bei Prüfungen in der Regel keine KI nutzen. Sie tun es aber. Was machen Freiburger Hochschulen dagegen? Zwei setzen auf eine Plagiatssoftware. An einer anderen heißt es: Der Betrug ist nicht zuverlässig nachweisbar.

Uni setzt auf „Kultur des Vertrauens“

Studierende wie Tanja Meier (Name geändert) nutzen KI-Programme wie Chat GPT, um ihre Bachelorarbeit zu schreiben. Die Gefahr aufzufliegen ist gering. „Nach Kenntnis der Universität Freiburg hat es bislang nur sehr wenige Fälle gegeben, in denen Studierende Hausarbeiten abgegeben haben, die offensichtlich mithilfe von KI-Tools erstellt wurden“, sagt Sprecher Bastian Strauch. Der Uni sei es ein großes Anliegen, den Umgang mit KI-Tools in Forschung und Lehre umsichtig zu gestalten. Daher ist ein „gesamtuniversitärer Diskussionsrahmen“ geschaffen worden. Eine Plagiatssoftware ist im Einsatz.

Strauch betont, dass die Universität auf eine „Kultur des Vertrauens“ setzt statt auf Misstrauen. Studierende müssten eine Selbstverpflichtungserklärung unterschreiben und so zusichern, Arbeiten selbstständig zu schreiben. „Das Thema Redlichkeit im Studium ist spätestens virulent, seit Hausarbeiten im Internet erworben werden können“, erklärt Strauch.

„Nicht zuverlässig nachweisbar“

Um Missbrauch zu verhindern, möchte die Uni Aufgaben anpassen: „Hin zu mehr Transfer und Anwendung anstatt Reproduktion von Wissen.“ Für solche Transfers seien die Fähigkeiten bisheriger KI-Tools stark eingeschränkt. Außerdem sollen statt Hausarbeiten mehr Klausuren geschrieben werden, „im Hörsaal in Präsenz und mit Stift und Papier ohne digitale Mittel“. Auch mehr mündliche Prüfungen seien eine Option. Studierende sollen zudem für den nichtmissbräuchlichen Umgang mit KI-Tools sensibilisiert werden.

Auch die Pädagogische Hochschule (PH) Freiburg sieht sich vor der Herausforderung, richtig auf die Entwicklung zu reagieren. „Es ist zu erwarten, dass KI/Chat GPT das wissenschaftliche Schreiben dauerhaft verändert – mit positiven und negativen Folgen“, sagt Sprecherin Helga Epp. Ein Instrument dagegen sieht sie aktuell nicht: „Der Gebrauch von KI/Chat GPT ist Stand heute nicht zuverlässig nachweisbar.“

„Erkennbar ist das am Satzbau“

Epp sieht den KI-Einsatz als unausweichlich an: „Es ist zu erwarten, dass das zukünftig zum wissenschaftlichen Schreiben selbstverständlich dazugehören wird.“ Auch zum Erstellen von Texten, so Epp. Der Gebrauch berge aber Gefahren wie das Verbreiten von Fehlinformation oder urheberrechtliche Fragen. Die PH stehe am Anfang ihrer Überlegungen und Diskussionen zum Thema – und sei im Austausch mit anderen Hochschulen.

Die Evangelische Hochschule versucht Betrugsfälle mit der Plagiatssoftware ­Turnitin zu erkennen. Sie wird in Verdachtsfällen genutzt. „Ein Verdachtsfall kann vorliegen, wenn Veränderungen zum bisherigen Schreibstil oder Unterschiedlichkeit innerhalb der Arbeit vorliegen“, sagt Sprecherin Barbara Hirth. „Erkennbar ist dies zum Beispiel am Satzbau, an ungewöhnlich gleichförmigen Formulierungen oder an einem unnatürlichen Sprachmuster.“ Auch ausgefallene Perspektiven ohne ausreichende Begründung oder Belege sowie das Verwenden von Fremdwörtern seien Warnzeichen. Wurde so jemand überführt? „Uns sind keine Fälle an unserer Hochschule bekannt“, sagt Hirth.

Zwangsexmatrikulation möglich

Eine Erklärung dafür hat Doris Weßels von der Fachhochschule Kiel. Sie ist Teil der Fachgruppe für AI & Academic Writing und sagt gegenüber SWR2: „Plagiate zu erkennen ist an Hochschulen fast unmöglich – durch eine KI erstellte Texte präsentieren sich als Unikate.“

Und was passiert, wenn jemand überführt wird? „Der Prüfungsausschuss entscheidet nach Einzelfallprüfung“, erklärt Hirth. Je nach Schwere der Täuschung gibt es zwei Optionen: Arbeit nicht bestanden oder Zwangsexmatrikulation.

Info

Das Interview mit einer Freiburger Studierenden, die mithilfe von KI ihre Bachelorarbeit geschrieben hat, gibt’s hier: „Wenn Chat GTP die Bachelorarbeit schreibt

Foto: © Generiert mit der KI Adobe Firefly

Wenn Chat GPT die Bachelorarbeit schreibt: Wie  eine  Studentin  mit  KI  schummelt – und  viele  andere  auch