„Unsere Preise sind unehrlich“: Hinter den Kulissen der Mensa Institutsviertel Schule & Studium | 13.06.2023 | Franka Arens

Mensa Freiburg Institutsviertel Salat Mensa Freiburg Institutsviertel Salat

Kaum geht das Semester los, bilden sich vor den Freiburger Mensen wieder lange Schlangen. Für das beliebteste Gericht des Tages steht man locker eine halbe Stunde an. Schließlich werden insgesamt um die 10.000 Portionen am Tag verteilt. Wie das funktioniert, fragen sich viele. chilli-Reporterin Franka Arens hat bei einer Mensaführung im Institutsviertel einen Platz ergattert. Und erfahren, dass die Preise dort unehrlich sind.

„Die besten Ideen auf dem Rad“

Freiburg Mensa Thomas Krug-Bühler Institutsviertel

Mensa-Chef: Thomas Krug-Bühler

„Für mich geht ein Traum in Erfüllung“, scherzt ein Teilnehmer. Endlich sehen, was in der Mensa hinter der Theke passiert. Seit sechs Jahren warte er auf einen Platz bei der Führung, schon sein gesamtes Studium lang. Thomas Krug-Bühler (57) lacht. Er arbeitet seit 23 Jahren bei der Mensa, hat als Koch begonnen und ist inzwischen der Leiter im Institutsviertel. Damit ist er für ungefähr 3500 Essen am Tag verantwortlich — eine logistische Herausforderung. „Es ist schon schwer, von außen das ganze System zu verstehen“, sagt er. Und versucht dennoch, es zu erklären.

Es beginnt bei den Zutaten. Mit den Leitern der anderen beiden Freiburger Mensen trifft er sich einmal die Woche. Zu ihren Aufgaben gehört auch die Entwicklung neuer Rezepte. Krug-Bühler erzählt: „Ich hab die besten Ideen, wenn ich morgens mit dem Fahrrad daherkomme.“ Die Hürde besteht in der Menge: „Als ich hier angefangen habe, hab ich gedacht, ich mach jeden Monat eins. Vergiss es. Das Rezept muss bis 1500 Portionen funktionieren. Wenn ich jetzt im Jahr zwei oder drei hinkriege, die funktionieren, dann ist’s viel“. Inzwischen gibt es fast 5000 eingetragene Rezepte.   

„Jede Kuh hat einen Namen“

Die Gerichte stehen stets für die nächsten drei Wochen fest. Ein Computer berechnet die benötigten Mengen. Für eine vegetarische Spaghetti Bolognese bedeutet das beispielsweise: 150 Kilo Nudeln und 400 Liter Sojabolognese für 800 Portionen. Den passenden Lieferplan schickt Krug-Bühler ebenfalls drei Wochen im Voraus. Dabei ist vor allem wichtig: „Wir wollen unsere regionalen Lieferanten unterstützen.“ Obst und Gemüse vom Bauer kommen täglich. Das Fleisch stammt zum Großteil von einem relativ kleinen Betrieb im Schwarzwald: „Bei uns hat jede Kuh noch einen Namen.“ 

Die Mensa spürt aber auch die zunehmende Nachfrage nach fleischlosem Essen. Jeden Tag ist mindestens eins von sechs Mensaessen vegan. Jede Woche gibt es einen komplett vegetarischen Tag, mit Aussicht auf mehr: „Ich bin ja am überlegen, ob ich ab September einen zweiten vegetarischen Tag mache“. Am beliebtesten sind dabei Gerichte mit Linsen oder anderen Hülsenfrüchten. Auch hier wird auf die Herkunft geachtet: „Wir stellen viele Sachen auf bio um. Zum Beispiel Couscous, Kichererbsen, das ganze Hülsenzeug ist fast alles bio“. 

„Das tut mir auch weh“

Auf Qualität und Nachhaltigkeit legt das Team großen Wert. Die Lieferungen werden streng kontrolliert, dafür braucht es Konzentration: „Jeden Tag muss die Körperspannung da sein“, sagt Krug-Bühler. Auch in der Küche sind die Arbeitsabläufe so effizient wie möglich. Die sechs Köche  und zwei Subköche beginnen morgens um 6.45 Uhr. Die Geräte stellen sie erst an, wenn es nötig wird: „Wir kochen viel schonender als früher.“ Mehr Handarbeit, weniger Convenience. Auch die Mengenangaben werden genau eingehalten, denn „im Prinzip müssen ein oder zwei Essen fast ausgehen mittags. Das ist dann nachhaltig“. Täglich füllt sich trotzdem mindestens eine Tonne mit Abfällen. 

Bei allen Bemühungen bleibt die Mensa preisgebunden. Ein Essen kostet Studierende zwischen 2,10 Euro und 3,70 Euro. Realitätsgetreu ist das nicht. „Unsere Preise sind alle unehrlich. Sie reichen schon lange nicht mehr zum Decken der Kosten“, klärt Krug-Bühler auf. Gewinne gibt es trotz Subventionen keine mehr. Daran scheitern auch Bestrebungen, für die Mensa noch bessere Haltungsstufen zu garantieren: „Das tut mir auch weh. Ich hätte auch lieber Haltungsstufe drei oder bio.“ Aber das sei halt auch nicht immer machbar. „Ein bisschen wirtschaftlich müssen wir schon denken“.

„Nicht im Gourmetlokal“

Auch manche Rezepte sind so nicht realisierbar. Jetzt im Sommer würde das Team gerne Spargel anbieten. Die Rechnung geht aber nicht auf: Das Kilo kostet zwischen 7,20 Euro und 9,70 Euro. Im Institutsviertel bräuchte es für ordentliche Portionen mindestens drei Tonnen: „Wir sind nicht im Gourmetlokal mit drei Spärgele.“ Die Mensa bleibt in erster Linie eine studentische Einrichtung. Krug-Bühler betont: „Wir haben auch einen sozialen Aspekt. Für mich ist das Ding einfach: Der Student soll satt werden, fertig.“

chilli-Bildergalerie

Fotos: © Franka Arens

Abgekocht: In der Mensa Rempartstraße dampfen nicht nur die Töpfe