"Ich bin tot – macht was draus!" ab heute im Kino Kinonews | 28.04.2016

Als das Mikrofon des Leadsängers der in die Jahre gekommenen Rockband „Grand Ours“ den Geist aufgibt, ahnt niemand, dass auch dessen letztes Stündlein bald schlägt. Laut, krachend und mit anarchischer Energie bestreiten die bärtigen Barden das Kellerkonzert im Brüsseler Banlieu-Milieu; Sänger Jipé hat Mühe, ohne Verstärker gegen die kreischenden Instrumente der E-Gitarristen Yvan und Wim und die lärmende Fangemeinde anzusingen und sie zu übertönen. Hinterher ist seine Stimme ruiniert. Er kann gerade noch krächzen, dass sein Hals sich anfühle, als stecke ein Messer darin.
 

 
Ob der anschließende ausgiebige Bierkonsum in der benachbarten Kneipe Linderung bringt, erfahren wir nicht. Jipé sagt nicht mehr viel, dafür trinkt er umso mehr. Denn das bisher nur mäßig erfolgreiche Quartett aus drei zotteligen Altrockern und einem smarten Jungschlagzeuger hat allen Grund zu feiern: In ein paar Tagen soll es endlich zum ersten Mal raus aus Belgien und auf große USA-Tournee gehen; der Flug nach Los Angeles ist schon gebucht.
 
Doch dazu kommt es nicht mehr – zumindest für Jipé, dessen plötzliches Ableben Teil einer aberwitzigen, in ihrer wilden Logik umwerfend komischen Kausalkette ist, in der sich die abgründigsten Turbulenzen aneinanderreihen. Und diese wirbeln die in tiefer Bestürzung hinterbliebenen Bandkollegen bald gehörig durcheinander.
 
Die größte Turbulenz erleben Yvan, Wim, Altschlagzeuger Pierre und Jipés bis dahin unbekannter Liebhaber Danny im Flieger, der die Kumpels samt der kurzerhand von einer Urne in einen Plastikeimer umgefüllten Asche des Verstorbenen nach Los Angeles bringen soll. Die Maschine stürzt nämlich beinahe ab – verursacht durch die Spätfolgen des am Vorabend der Reise erfolgten Verzehrs des ziemlich vergammelten, noch von Jipé persönlich zubereiteten Chili con Carne. Zwar schafft der Pilot gerade noch eine Notlandung, doch die chaotischen Trauernden schlagen in Kanada auf. Und von dort will sie kein Weg mehr in die Staaten führen: Nach einer schier endlosen Zugfahrt landen sie total bekifft und völlig zerstritten in einer Inuit-Siedlung im äußersten Norden Kanadas – im Gebiet großer Bären und eines heiligen Flusses, dessen Ufer die ideale Stätte für die feierliche Bestattung von Jipés Asche darstellt. Doch auch dazu kommt es nicht, trotz der Versöhnung, die die alte Männerfreundschaft neu besiegelt.
 
Ein witziges, rasantes und schräges Rail-&-Fly-Movie, dessen bärbeißige Gestalten über alle Stränge schlagen – und für ein derart abgedrehtes Vergnügen sorgen, dass wir gerne über allzu übertriebene Zoten hinwegsehen.
 
Text: Erika Weisser / Foto: © Camino Film
 

 
 
 
 
 
Ich bin tot, macht was draus!
Belgien/Frankreich 2015
Regie: Guillaume & Stéphane Malandrin
Mit: Bouli Lanners u.a.
Verleih: Camino
Laufzeit: 96 Minuten
Start: 28.4.2016