Eklat auf der Baar – Warum die BG Villingen in der Kritik steht Bauen & Wohnen | 12.02.2025 | Lars Bargmann

Innovativ: Neue Cubes auf alten Garagen Innovativ: Neue Cubes auf alten Garagen

II-BR/B2300428 unter diesem Aktenzeichen hatte die Baubehörde der Stadt Villingen-Schwenningen am 23. Oktober 2023 den Neubau von Wohnmodulen über bestehenden Garagen an der Rietheimer Straße genehmigt. Ein innovatives Projekt, das sich die Baugenossenschaft Villingen (BGV) von der XSCubes GmbH herstellen lassen wollte. Wollte. Per Mail teilte der BGV-Vorstand Andreas Scherer dem völlig überraschten Cubes-Geschäftsführer Kai Engesser am 13. Juni 2024 mit, „vom Kauf und Bau der Cubes Abstand zu nehmen“. Der Schaden ist groß. Seither schreiben sich die Anwälte. Es droht ein Gerichtsverfahren.

Am 7. Februar 2023 hatten Vertreter der BGV und der Cubes GmbH einen Bauvertrag über die Lieferung und Montage von 12 voll ausgestatteten Cubes mit Treppenanlage und Aufzug unterzeichnet. Kostenpunkt: Rund 2,2 Millionen Euro. Die Cubes sollten auf Garagen der BGV gebaut werden. Ein innovatives Nachverdichtungskonzept, für das keine Bauflächen gekauft und versiegelt werden müssten. Der örtlichen Presse sagte der Technische Vorstand der BGV Harald Maier seinerzeit, dass es für die Genossenschaft immer schwieriger wird, bezahlbare Bauplätze oder Bauland zu erwerben. Mit dem Cubes-Projekt könne man „kostengünstigen Wohnraum“ auf eigenem Geläuf schaffen.

Man gab sich die Hand. Die XSCubes legte los. Im Bauvertrag wurde eine aufschiebende Bedingung formuliert: Die Baugenehmigung muss bis zum 31. Juli 2023 vorliegen. Kein halbes Jahr zwischen Vertrag und Genehmigung – ein sehr ambitionierter Zeitplan. Diese zu besorgen, legte Engesser in die Hand der Baugenossenschaft. „Das war so geregelt, weil die BGV das so wollte“, sagt XSCubes-Gesellschafterin Barbara Burkhardt-Ganter. Es habe ja nie Zweifel daran gegeben, dass die Baugenehmigung erteilt würde. Auch Oberbürgermeister Jürgen Roth habe hinter dem Projekt gestanden. Letztlich wurde der Bauantrag am 31. Juli eingereicht. Genau an dem Tag also, an dem schon die Genehmigung hätte gestempelt sein müssen.

Dass tags drauf der Vertrag eigentlich unwirksam wurde und es darüber auch Schriftverkehr geben müsste, ist zumindest den der Redaktion vorliegenden Akten nicht zu entnehmen. Im Gegenteil: Es wurde weiter munter am Projekt gearbeitet. Ungezählte Mails flogen hin und her, unter anderem fragte die BGV, ob man die Cubes nicht auch in Holzbauweise erstellen könnte oder es ging um öffentliche Fördermittel. Auch um die sollte sich die XSCubes kümmern. Am Ende wurde das Projekt dann, trotz zugesagter Fördermittel, doch zu teuer, die BGV nutzte die aufschiebende Bedingung – und stieg aus dem Geschäft aus. Zum Schaden der jungen Firma.

„So kam es zum Eklat“, sagt Anwältin Janina Gill-Margenfeld von der Baurecht-Spezialistenkanzlei Steiger Schill und Kollegen, die die XSCubes vertritt. In einem Schriftsatz an die BGV führt sie aus, dass es auch nach dem 31. Juli zahlreiche Besprechungen und Schriftverkehr – kurioserweise auch per WhatsApp noch im Februar und März 2024 – gab, auch noch Änderungswünsche, die noch mit in den Bauantrag einfließen sollten. Und noch am 6. Juni 2024, eine Woche vor dem Eklat, hatte BGV-Vorstand Scherer an Engesser gemailt: „Wir möchten gerne, dass die XSCubes als Mieter auftritt und „25,- € pro Qm überweist.“ Für ein voll möbliertes Niedrig­ener­gie­haus im Kleinstformat.

Für Kanzlei-Partner Nicolas Schill ist klar, dass deswegen auf die aufschiebende Bedingung „konkludent verzichtet“ wurde. Auch Burkhart-Ganter berichtet, dass „ganz klar alles so weiter gelebt wurde, dass wir das gemeinsame Projekt so durchziehen“. Auch wenn beide Seiten wussten, dass die aufschiebende Bedingung abgelaufen war. BGV-Vorstand Scherer teilt auf Anfrage mit, dass er zum Fall „keine Stellung beziehen“ möchte, da es sich um ein „schwebendes Verfahren handelt, bzw. noch gar keine Ansprüche des Klägers geltend gemacht wurden“.

BGV-Anwalt Christoph Schäfer argumentiert in einem Schreiben an Gill-Margenfeld, dass der Vertrag nach dem 31. Juli seine Wirksamkeit verloren hatte und es bei all der Korrespondenz danach um einen neuen Vertrag gegangen sei, der aber nicht zustande gekommen sei.  Eines gemeinsamen Termins mit den Beteiligten bedürfe es daher gar nicht. Gill-Margenfeld hat als Gerichtsstand Freiburg oder Konstanz vorgeschlagen. 

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