EU straft deutsche HOAI ab: Steiger, Schill & Kollegen ausgezeichnet Bauen & Wohnen | 05.09.2019 | bar

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die seit Jahrzehnten geltende deutsche Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) teilweise für rechtswidrig erklärt. Demnach sind die von den Baukosten abgeleiteten Mindest- und Höchstsätze für die Honorare unwirksam, weil sie gegen die europäische Dienstleistungsrichtline verstoßen. Ein heftiger Angriff aufs Selbstverständnis der Planer.

„Das Urteil wiegt schwer“, sagt ­Nicolas Schill von der Staufener Baurechtsspezialistenkanzlei Steiger, Schill & Kollegen, die vom Focus soeben in die diesjährige Liste der deutschen Top-Wirtschaftskanzleien 2019 aufgenommen wurde. Schill und Thomas Steiger wurden zudem im Bereich Bau- und Architektenrecht ausgezeichnet.

Ärger um Architektenhonorare zählen in der Kanzlei zum Alltag. Schill vertritt derzeit einen Architekten, der sich für seine Leistungen mit seinem Auftraggeber pauschal auf 150.000 Euro geeinigt hatte. Bei der Schlussrechnung gab es – wie so oft – Ärger, der Auftraggeber wollte das Honorar nicht komplett bezahlen. Der Architekt konterte, indem er nun den Mindestsatz der HOAI zugrunde legte und verklagte den Bauherrn auf 700.000 Euro. In der Regel eine Schlinge, aus der der Bauherr seinen Kopf nicht ziehen kann.

Das Verfahren indes zog sich und mitten rein platzte nun das EuGH-Urteil vom 4. Juli. Ob dieses nun auch rückwirkend gilt, darüber gibt es unterschiedliche Rechtsprechungen: Nach einem Urteil des OLG Hamm hat das Urteil für bereits laufende Verfahren keine Auswirkungen. Das OLG Celle urteilte genau anders herum. Nun liegt die Kontroverse vorm Bundesgerichtshof.

Der EuGH hat die HOAI aber nicht komplett beerdigt. „Pauschalhonorarvereinbarungen unterhalb der Mindestsätze sind dann weiter unwirksam, wenn die Vereinbarung nicht zeitgleich mit der Auftragserteilung schriftlich abgeschlossen wurde“, sagt Schill. Dann könne weiterhin der Mindestsatz verlangt werden. Und so war es bei dem Streitfall, bei dem es deswegen weiter um die 700.000 Euro geht.

Bei künftigen Verträgen zwischen Bauherren und Planern sei zu beachten, dass die Preisregelungen der HOAI als Vertragsgrundlage vereinbart werden. Die Auftraggeber könnten allerdings nun Pauschalvereinbarungen mit den Planern unterhalb der Mindestsätze aushandeln, die vor Gericht auch halten. Bisher gingen sie bei Streitigkeiten in aller Regel als Verlierer vom Platz. Deutschland hatte sich gegen die Klage gewehrt und dies mit der Qualität der Planungsleistung und dem Verbraucherschutz begründet. Ohne Erfolg.

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