Unverzichtbar oder kann das weg? Stadtplanung probt Scherenschnitt an der Sundgauallee Bauen & Wohnen | 07.09.2017 | Lars Bargmann

Es ist ein Vorstoß aus dem Freiburger Stadtplanungsamt, der durchaus großen Charme hat: Die Planer machen sich derzeit Gedanken um das Teilstück der Sundgauallee, die s-förmig zwischen der Fehrenbachallee und der Güterbahnlinie liegt.

Brauchen wir das überhaupt? Und wenn ja, auch in der heutigen Ausprägung? Können wir das Stück verlegen? Kann der Verkehr woanders fließen? Wohnen und Freiraum statt Autos und Asphalt wäre das Gedankenexperiment zu überschreiben.

Es geht um eine der vielen Flächen, die der neue Perspektivplan aufgetan hat und die auf den Namen Stühlinger-West hört. Nördlich und südlich der S-Kurve liegen mögliche neue Wohnbauflächen. Nimmt man die Straße, das trennende Asphalt-Areal aus dem Gebiet heraus, kann eine zusammenhängende, völlig anders planbare Fläche entstehen.

Der Bereich „Kleineschholz Nord“ liegt westlich der Agentur für Arbeit zwischen Lehener Straße, Güterbahntrasse und Sundgauallee. Hier plant das Rathaus zusammen mit dem Institut für Stadtbaukunst ein beispielgebendes Stadtquartier 2020. In „Kleineschholz Süd“, auf der anderen Seite der Sundgauallee, entsteht derzeit das neue Super-Rathaus, weiter nördlich sind Flächen für den Wohnungsbau geplant. Und immer wieder trennt die Allee die Plangebiete.

Eine Variante: Das Teilstück der Sundgauallee wird schlanker, temporeduziert und bekommt Überwege. Eine zweite: Es wird so verlegt, dass es parallel zur Bahntrasse läuft und dann an die Lehener Straße andockt. Die radikale Version: Der Asphalt wird auf den Haufen der Geschichte gebaggert – wenn die umgebenden Straßen dabei nicht kollabieren.

Teilstück in S-Form: Die Stadtplaner überlegen, ob der Beginn der Sundgauallee im rot umrandeten Plangebiet ganz oder teilweise zurückgebaut werden kann.

In dem Fall aber könnte zwischen neuem Rathaus, Berufsschulzentrum und der Arbeitsagentur ein zusammenhängender Freiraum entstehen, der gleichzeitig die durch die Neubauten entstehenden Freiraumverluste kompensiert. Nicht nur die Ecke Fehrenbachallee und Lehener Straße könnte zudem zu mehr Wohnungsbau einladen. Das sei eine „einmalige Chance“, sagte Babette Köhler, die Leiterin der städtischen Projektgruppe Wohnen.

Es gibt aber auch einen ganzen Sack voller Probleme: Bei der Entscheidung fürs neue Rathaus war klar, dass das Haus vorrangig über die Sundgauallee erschlossen wird, damit die kleinere Fehrenbachallee, Lehener und Eschholzstraße nicht verstopft werden. Es muss also mindestens ein neues Erschließungskonzept her. „Der neue Vorschlag ist kühn und sehr interessant“, sagte Oberbürgermeister Dieter Salomon bei der Präsentation. Man müsse jetzt Chancen und Schwierigkeiten abwägen. „Wir müssen die Ideen planerisch umsetzen können und auch prüfen, ob der Wegfall der Sundgauallee tatsächlich die erhofften städtebaulichen und freiraumplanerischen Vorteile bringt“, so Baubürgermeister Martin Haag. Ziel sei qualitativ hochwertiger Frei- und Wohnraum. Die Ergebnisse sollen Ende des Jahres vorliegen.

Wenn die Frage Sundgauallee beantwortet ist, soll für den gesamten Bereich Kleineschholz zwischen Fehrenbachallee, Stadt- und Güterbahn-Linie, Wanner- und Lehener Straße ein Konzept für die städtebauliche Entwicklung erarbeitet werden. Das Stadtplanungsamt wird dafür einen Wettbewerb oder eine Mehrfachbeauftragung ausloben.

In dem Luftbild sieht man die Grün trennende Trasse kaum. Das Potenzial ist trotzdem groß.

Das „RegioBündnis Pro Landwirtschaft, Natur & Ökosoziales Wohnen Regio Freiburg“ befürwortet zwar den vollständigen Rückbau der Sundgauallee, die Wohnneubauten sollen aber dann auf der Trasse und auf dem aktuellen Rathausparkplatz entstehen. Dann könnten die Kleingärten überwiegend erhalten bleiben und die vom Bündnis abgelehnte „unsinnige“ Verlegung von Kleingärten an den Stadtrand in St. Georgen wäre hinfällig. Ob Kleingärten ins das ambitionierte Konzept der Stadtplaner passen, ist fraglich.

Plan: © Stadt Freiburg / Foto: © tln