Freiburg bekommt wohl zweite Erstaufnahmestelle STADTGEPLAUDER | 12.02.2016

Freiburg wird voraussichtlich eine zweite Erstaufnahmestelle für bis zu 1000 Flüchtlinge bekommen. Das wurde erstmals beim Jahrespressegespräch des Freiburger Regierungspräsidiums (RP) am 19. Januar bekannt. Im Fokus ist dafür beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) das teilweise leer stehende einstige Spectral-Gebäude (heute Haid-Haus) im Gewerbegebiet Haid. Die dort für die Interessen der Unternehmer zuständige IG Haid übt harsche Kritik an den Plänen.

Im Fokus für Flüchtlinge: Das Haid-Haus (früher Spectral-Gebäude) an der Bötzinger Straße 31.

„Diese Nachricht trifft uns Unternehmer hart und völlig unvorbereitet. Weder das Regierungspräsidium noch die Stadt oder das BamF haben auch nur ein Wort in der Sache mit uns gewechselt“, sagt der IG-Vorsitzende Christian Schulz. Man fühle sich von den Behörden „massiv hintergangen“.

Schon jetzt seien auf der Haid städtische Unterkünfte für 400 Menschen, 300 allein im ehemaligen Essilor-Gebäude an der Bötzinger Straße. „Viele Unternehmer im Gewerbegebiet fürchten neben zunehmenden sozialen Spannungen vor allem auch einen langfristigen Wertverlust für ihre Standorte“, so Schulz. Man dürfe die Kooperationsbereitschaft der Unternehmen nicht endlos belasten.

Die Stadt Freiburg habe bei der Suche nach Flüchtlingsunterkünften auch Interesse an einem Gelände neben dem Spectral-Gebäude gezeigt, berichtet Schulz. „Die Spectral-Eigentümer Reinhard Willi und Günter Schneidereit haben sich im vergangenen Jahr aber noch mit Händen und Füßen gegen den Standort eingesetzt, woraufhin in Gesprächen mit der Stadt das Essilor-Gebäude als Kompromiss gefunden wurde.“

Warum die Unternehmer nun offenbar mit dem BAMF und RP handelseinig geworden sind, darüber könnten die Unternehmer nur spekulieren. Es gebe aber „deutliche Signale“, dass die Mieten, die von der öffentlichen Hand für die Unterkünfte bezahlt werden, deutlich über dem liegen, was man mit Büro- oder Gewerbeflächen erzielen könne.

Das RP wies die „Chaos-Vorwürfe“ zurück. „Wir waren in ständigem Kontakt mit dem BAMF, da uns von vornherein klar war, dass das Gebäude die Chance für die gemeinsame Unterbringung sowohl des BAMF als auch für eine Notunterkunft bietet“, so Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer. Die gemeinsame Lösung bringe einen „unheimlich großen“ Synergieeffekt, zumal die zukünftige Landeserstaufnahmestelle in der Polizeiakademie in Freiburg in erreichbarer Nähe sei. Im Übrigen würden solche Gespräche „stets nichtöffentlich“ geführt, um den Erfolg der Verhandlungen nicht zu gefährden.

Freiburgs oberster Wirtschaftsförderer Bernd Dallmann kann die Befürchtungen der IG nicht teilen. Er sicherte den Unternehmen aber zu, dass wenn es Nachteile gebe, die Freiburg Wirtschaft Touristik und Messe GmbH durch „geeignete Maßnahmen Abhilfe schaffen“ werde – wovon er aber nicht ausgehe. Das RP will, sobald alle noch offenen Punkte geklärt sind, das Gespräch mit den angrenzenden Betrieben suchen. Dazu zählen mehrere Autohäuser.

 
Text/Fotos: Lars Bargmann