Jazz-Trompeter und Elektro-Produzent: Julian Maier-Hauff schlägt Brücken STADTGEPLAUDER | 24.10.2017

Mal spielt er mit einem Orchester, mal in einem Techno-Schuppen: Der gebürtige Lahrer Julian Maier-Hauff wandelt zwischen den Welten – und legt sie zusammen. Jazz trifft Elektronik, Instrument trifft Synthesizer, Spontaneität trifft Momentaufnahme. Auf der Bühne baut er sich dafür eine Technik-Kanzel, die aussieht wie das Cockpit eines Raumschiffs: Rund 20 Geräte und sieben Instrumente umgeben den 25-Jährigen, der gerade von Freiburg nach Mannheim gezogen ist. Seine Musik entsteht im Moment, sie zu konservieren ist nicht sein Ding. Dennoch hat er ein Album gemacht.

Inspiriert: Das Debütalbum des gebürtigen Lahrers heißt „Forest for Rest“.

Bis zu zwölf Stunden sitzt Maier-Hauff täglich an seinen Geräten. Probiert neue Grooves, spielt Sounds mit dem Rhodes Piano oder einem Flügelhorn ein, bearbeitet sie. „Das ist schon ein Freakding, aber nur so kann Großes entstehen“, sagt der Popakademie-Student. Dabei könnte er sich aktuell eigentlich etwas zurücklehnen: Seine Live-Shows sind gefragt, das Debütalbum ist gerade erschienen. Doch einen Gang zurückschalten will er nicht. Seine Platte hat er kürzlich in einer Nachtschicht neu abgemischt, der Sound war ihm nicht gut genug. „Picasso hat auch nicht gesagt: So, jetzt ist Nacht, ich höre auf“, sagt Maier-Hauff.

An der Musikhochschule Mannheim studierte er Jazz-Trompete – und lernte zu improvisieren. Sein Instrument war vor dem Studium auch ein Ausgleich zum Alltag. Als er zu studieren begann, engten ihn die vermeintlichen Regeln im Jazz ein. Er begann elektronisch zu improvisieren. „Mach deinen Alleinunterhalter woanders“, sagte mal ein Professor zu ihm. Und das tat er: Instrumente kombiniert er mit Elektronik, immer weitere Maschinen kommen hinzu. Das Ergebnis klingt loungig, verspielt und reduziert, dann wieder vertrackt, aus der Reihe tanzend.

Im Gegensatz zu vielen DJs kreiert er Songs auf der Bühne. „Null Prozent sind vorbereitet“, betont Maier-­Hauff. Einzig die Anfangstonart überlege er sich vorher. „Es gibt nichts Besseres als etwas zu erleben, im Moment der Entstehung dabei zu sein“, betont er. Fans muss er bei Shows deswegen immer wieder enttäuschen. Zum Nachhören gibt’s seine Sessions selten. Was live entsteht, wird bei Maier-Hauff in der Regel nicht konserviert – aus Überzeugung.

Ein Album hat er dennoch gemacht „Das ist ein Widerspruch“, gibt er zu. Doch die Spontaneität bleibt: Jeden der zwölf Tracks hat er in einer Session produziert, die jeweils nicht länger dauerte als einen Nachmittag. Die Stücke produzierte er für einen Abend im White Rabbit, an dem er ausnahmsweise auflegte: „Ich wollte das mal ausprobieren“, sagt Maier-Hauff. Er merkte jedoch: „Beim Auflegen bin ich nervöser als beim Improvisieren.“ Live habe er mehr Möglichkeiten zu reagieren.

Inspiration findet er unter anderem im Wald. Den schätzt er als „echten Raum“. Der Albumtitel „Forest for Rest“ war dennoch Zufall. „Das klingt organisch, hölzern“, sagte ihm jemand. So gab er den Songs entsprechende Namen: Buchenkuchen, Eschensession, Du Glasie … alles Bäume aus dem Schwarzwald – eine Reverenz an seine Heimat.

Wie im Raumschiff: Maier-Hauff bedient live bis zu 20 Geräte und spielt sieben Intrumente.

Seine Umgebung ist immer wieder Lieferant für Sounds. Fürs Album war er beispielsweise auf dem Güterbahnhofareal in Freiburg, klopfte auf Metall, zerbrach ein Stück Holz oder trommelte auf ein Schild. Zu erkennen sind die Geräusche nach intensiver Bearbeitung nicht mehr.

Seine Musik sei wie Kochen, findet Maier-Hauff. Er kombiniere Zutaten und schaue, was dabei heraus kommt. Ob da mal was anbrennt? „Das Risiko ist klein.“ Die Gefahr sei eher, dass es fad schmecke bei so viel Output. Je nach Stimmungslage im Publikum geht er Richtung House oder HipHop, baut Dub- oder Trap-Elemente ein oder spielt progressiven Techno. „Ich bin total flexibel“, betont er. Das Konzept ist außergewöhnlich – er selbst kennt fast keinen, der so arbeitet.

Als Exot kommt er rum: Er spielte in Beirut, begleitete, komponierte und konzepierte für die Junge Norddeutsche Philharmonie oder das Münchner Rundfunkorchester des Bayerischen Rundfunks, improvisierte auf der Sea You in Freiburg oder dem Fusion Festival. Als Studio- und Tourmusiker war er für Samy Deluxe, Manu Chao oder Irie Révoltés im Einsatz. Schon als 18-Jähriger gewann er einen Deutschland-Contest für Loop-Geräte. Damit können Sounds in Endlosschleifen gelegt werden.

Seit Kurzem studiert er an der Popakademie auf Master Musikproduktion und Komposition. „Ich will nochmal angreifen“, sagt er. Klingt als sei er ein alter Hase. Dabei ist er mit 25 Jahren eher ein junger Hüpfer. Der nächste Sprung? „Ich werde die Musik nicht neu erfinden, mich hoffentlich immer wieder auf’s Neue“, sagt er. Sein Stilmix sei ein wichtiges Statement: „Ich will Schubladen zerbrechen“, betont Maier-Hauff. Positive Resonanzen bekomme er von beiden Seiten: der Elektroszene und den Jazzern. Sein analoges Raumschiff bietet Platz für beides – und baut so intergalaktische Brücken.

Text: Till Neumann / Fotos: © Florian Forsbach; Matthias-Somberg