Das „bierernste“ chilli-Horoskop in der Fasnachts-Muffel-Edition Kultur | 05.03.2019 | Philip Thomas

Ob Fasnacht, Karneval oder Fasching: Die fünfte Jahreszeit hat viele Namen. Redaktionsorakel Philip Thomas kann keinen davon richtig aussprechen und denkt bei ‚Umzug’ an Kartons und bei ‚Maske’ an einen Boxer. Er hat trotzdem einen Blick in die Sterne gewagt und weiß, wie schlimm der Kater am Aschermittwoch ausfällt.

„Liebe Leute, hiermit lasse ich euch wissen, Fasnacht, das finde ich be…“ TÄTÄÄ, TÄTÄÄ, TÄTÄÄ. Wie, du musstest nicht mal schmunzeln? Dabei lachst du zur fünften Jahreszeit doch über jeden Witz dreimal: Einmal, wenn du ihn hörst. Dann, wenn du ihn erklärt bekommst und dann nochmal, wenn du ihn endlich verstanden hast.

Sich mit den Kumpels am Rosenmontag treffen, den ersten Kasten leeren, bedeckt nur mit Federboa und Glitzer zum Umzug torkeln, weitersaufen, die Freundin des Chefs mit der eigenen verwechseln, ein paar Kurze köpfen und den Pegel dann bis Aschermittwoch halten. Ganz schön anstrengend. Aber da muss man durch. Fasnacht ist schließlich kein Vergnügen!

Beim Katerfrühstück am Aschermittwoch verschluckst du dich: 20.000 Feiernde, 30 Straftaten, darunter zehnmal Körperverletzung und fünf Festnahmen. Was bei jedem Bundesligaspiel für 20.000 Titelseiten, 30 Sondersendungen, zehn aufgebrachte Politiker sowie fünf Bundeswehrpanzer sorgt, bilanziert die Mainzer Polizei 2019 via Twitter: „positiv“.

Holzmasken mit langer Nase sind nicht so deins. Du brauchst etwas Eleganteres und verkleidest dich kurzerhand als James Bond. Nicht, dass dir Anzüge besonders gutstehen würden. Aber Frauen anquatschen, Drinks schlürfen, Prügeleien, Stress mit Vorgesetzten, Autos verschrotten und Glücksspiel haben bei dir einfach das ganze Jahr lang Saison.

Mit Verkleidungen ist das ja immer so eine Sache: Vergangenes Jahr war dein Terroristenkostüm auf dem Flug nach Köln nur schwer vermittelbar und diese Fasnacht wirst du als Straßenarbeiter auch in Strasbourg festgesetzt. Immerhin erntet deine Freundin als Funkenmariechen auch außerhalb der Fasnachtshochburgen „jecke“ Angebote.

Bei all deiner Abneigung gegen Fasnacht musst du zugeben: Sich gerade dann zu maskieren, wenn man eine Jahresladung Unfug in wenigen Tagen abbrennt – das ist eine hervorragende Idee. Jetzt musst du nur noch unschuldig gucken, wenn deine Kollegen im Büro von dem Gorilla erzählen, der sich mitten auf dem Rathausplatz an einem Feuerlöscher vergangen hat.

Fasnacht ist dir viel zu anzüglich. Von den ganzen perversen Witzchen mal abgesehen, muss man sich ja nur mal die Kostüme ansehen: Sexy Nonne, sexy Krankenschwester, sexy Hexe, sexy Polizistin und sexy Katze. Aber irgendwo müssen neun Monate später ja schließlich die ganzen Karnevalskinder herkommen.

Du hättest dein Kostümbudget vielleicht nicht schon vor dem Umzug versaufen sollen. Jetzt ist Einfallsreichtum gefragt. Aus einem leeren Bierfass zauberst du immerhin noch einen Helm, aus aneinandergeklebten Dosen eine Lanze und aus deiner Leber eine Organspende. Fertig ist er: der Ritter von der traurigen Gestalt.

Da kann dein Kostüm nicht mithalten: Ein Krümelmonster hat echte Kekse, der blonde Ex-Tennisstar ist wirklich pleite und der Hippie auf dem Umzug tatsächlich high. Nur die dicke, behaarte Zahnfee mit der tiefen Kapuze, die an die Kinder Süßigkeiten verteilt, wirkt leider nicht sehr echt. Zum Glück ist es aber der Polizist daneben.

Um auf der Verkleidungsparty nicht wie in den vergangenen Jahren in Hundertschaften von Jokern, Jack Sparrows, Minions und Avengern unterzugehen, fällt deine Kostümwahl dieses Jahr auf Blutsaugender Vampir. Und wenn das auf der Fete wider Erwarten auch schon vergeben sein sollte, sagst du einfach, du gehst als dein Vermieter. 

Du fragst dich am Stammtisch, wie es so weit kommen konnte: Marodierende Horden ziehen brandschatzend und brüllend durch unsere Gassen, belästigen mit fiesen Fratzen unverhohlen Frauen, reden in fremden Zungen und gefährden die öffentliche Ordnung, wie wir sie in Deutschland gewöhnt sind. Wann reagiert die Politik endlich – und verbietet Fasnacht?!

Als Südbadener verstehst du den jährlichen Ärger um die westdeutschen Büttenreden nicht: Irgendjemand spielt dort nachher immer beleidigte Leberwurst, was dann wiederum andere Leute beleidigt und so weiter. Dabei ist der Humor doch sogar durch eindeutige akustische Signale (Tätää!) gekennzeichnet. „Narrenfreiheit“ hat man da irgendwie nicht verstanden.

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