„Selbst disqualifiziert“: So geht es mit den Raves im Dietenbachpark weiter Szene | 20.04.2024 | Till Neumann

Menschen auf einem Platz mit einem DJ Tagsüber, ausgelassen, legal: Die Raves im Dietenbachpark heißen jetzt Free Open Air

Auch diesen Sommer gibt es im Dietenbachpark legale Raves. Sie heißen jetzt aber anders, erzählt Mitorganisator Johannes Lutz von der Taskforce der IG Subkultur im Interview mit Till Neumann. Er schmiedet mit einem Team bereits Pläne, um den Platz zu optimieren. An die Kritiker hat er eine Bitte.

Johannes Lutz

Mitorganisator: Johannes Lutz lädt Kritiker ein, bei den Open Airs vorbeizukommen.

chilli : Johannes, wie geht es weiter mit dem Legal Raves? 

Lutz: Erstmal zum Wording: Wir wollen den Begriff Free Open Air benutzen. Ähnliche Projekte nennen sich auch so. Raves haben einfach einen anderen Charakter. 

chilli: Wann starten eure Open Airs? 

Lutz: Am 16. April laden wir zu einem Infotreffen ein, da werden wir die ersten Dates bekannt geben. Die ersten fünf von zehn Terminen sind fix, die Leute können sich dann drum bewerben.

chilli: Ihr dürft von Mai bis Oktober an Wochenenden frei planen?

Lutz: Ja. Rein theoretisch sogar das ganze Jahr über. Aber die interessanten Sachen sind so ab März. Dieses Jahr fangen wir später an, weil noch ein paar Sachen zu regeln sind.

chilli: Wie vergebt ihr die Termine?

Lutz: Wir wollen das fair gestalten. Es gibt schon einige Interessierte, wir haben auf das Treffen am 19. verwiesen. So bestehen gleiche Chancen für alle. 

chilli: Was wenn es mehrere Anfragen für einen Termin gibt? 

Lutz: Entweder wir losen. Oder vielleicht können die ja zusammenarbeiten. Wir haben noch keinen genauen Prozess dafür definiert. 

chilli: Der Platz im Dietenbachpark ist gesetzt? 

Lutz: Es gibt aktuell keine Alternative. Unser Ziel ist, da zu bleiben und perspektivisch auch baulich was zu machen. Letztes Jahr hat sich gezeigt, dass es im Sommer wahnsinnig heiß, wenn die Sonne auf den Teerplatz knallt. Da geht es um Sachen wie Sonnenschutz – auch in Verbindung mit Emissionsschutz. 

chilli: Also eine Schallisolierung?

Lutz: Genau. Es gibt ja ein Messgerät für die Lautstärke, einen Limiter. Wir würden das gerne noch erweitern. Baulich könnten wir mit Containern Schatten schaffen, für Schallschutz sorgen und sie als Lagerfläche nutzen. Das wäre eine Überlegung, aber das ist noch lange nicht spruchreif.

chilli: Ist die Fläche dort an sich cool? 

Lutz: Ja. Abgesehen davon, dass es im Sommer super heiß wird. Sie ist befestigt, gut zu erreichen mit Öffentlichen, aber nicht zentral in der Stadt. Der Platz hat eine ordentliche Größe, die Open Airs beleben den Park und bringen ein kulturelles Angebot für den Stadtteil Weingarten. Das kommt leider viel zu kurz, weshalb uns auch der Bürgerverein wohlgesonnen ist. 

chilli: Die Vorzüge der Fläche sehen Anwohnende aus Betzenhausen anders. 

Lutz: Letztes Jahr gab es Messungen, die zeigen: Alle Richtlinien wurden eingehalten. Wir sind eine Stadtgesellschaft. Das bedeutet nicht, dass es immer nur leise ist. Wenn ein paar Leute aus Betzenhausen das Open Air als störend empfinden, ist das für uns noch lange kein Grund, es zu beenden. Wir sind bereit zur Kommunikation, solange sie respektvoll ist. Was tatsächlich nicht der Fall war. 

chilli: Mit der Bürgerinitiative Kontra-Bass gab es kein Gespräch? 

Lutz: Nein. Es gab kurzen Emailverkehr, aber da haben sich die Leute tatsächlich teilweise selbst disqualifiziert. 

chilli: Sind die Anwohnenden auch trotz Limiter noch verschnupft? 

Lutz: Letztes Jahr hat die Problematik tatsächlich angefangen, weil bei der ersten Veranstaltung die Anlage falsch ausgerichtet war. Dadurch gab es Lärm-Beschwerden, was uns leidtut. Dadurch war der schlafende Hund geweckt und es wurden Themen verwechselt und zusammengeschmissen. Es ging auch um anderen Plätze und Raves, mit denen wir überhaupt nichts zu tun haben. 

chilli: Ihr seid also überzeugt, das mit dem Limiter und einer richtig ausgerichteten unter Einhaltung der Zeiten da gefeiert werden kann, ohne Anwohnende zu stören?

Lutz: Selbstverständlich. Dafür haben wir die Messung in verschiedenen Stadtteilen gemacht. 

chilli: Wie happy seid ihr insgesamt? Das war ja ein jahrelanger Kampf, überhaupt mal eine Fläche zu bekommen.

Lutz: Die letzten Treffen mit Stadt und auch dem FFC sind als sehr positiv zu betrachten. Es gibt eine Unterstützung seitens der Stadt. Es wird gesehen, dass es ein wichtiges Projekt ist, bei dem sich Leute engagieren können, das Kultur fördert. Der Weg war holprig, aber so wie es aktuell aussieht, kann ich nichts Negatives sagen.

chilli: Wie ist der Kontakt mit dem FFC mittlerweile?

Lutz: Wir haben eine Ansprechperson bekommen im Verein, die sich für Kultur interessiert. Wir sind in einem freundlichen Austausch.

chilli: Nutzt ihr deren Toiletten?

Lutz: Das ist ein größeres Thema. Der FFC baut um, daher fällt deren Toilette weg. Wir bemühen uns um Ersatz. Daran haben nicht nur wir Interesse. Der Park ist sehr beliebt, auch wegen des Skateparks. Dass keine Toiletten existieren ist ein allgemeines Problem. 

chilli: Wie ist denn so die Stimmung bei den Open Airs?

Lutz: Sehr gut. Wir bekommen mega viel positives Feedback, Dankbarkeit und Zuspruch. Von jungen Leuten, jungen Eltern, Menschen aus der Elektro-Szene. Das kommt aus allen möglichen Sparten. Vom dem her sind wir beflügelt und sehen die Wichtigkeit des Projekts. Es gibt großen Bedarf für sowas in Freiburg, daher wollen wir uns nicht beirren lassen.

chilli: Was ist der größte Wunsch für die kommen Open Air Saison?

Lutz: Dass Leute, die Dinge kritisch sehen, einmal vorbeikommen und mit den Leuten sprechen. Dass sie sehen, was für Glücksmomente so ein Event schaffen kann. Und nicht den Weg hintenrum gehen. Wir sind immer bereit zum Gespräch.

Fotos: © Corner eV, Till Neumann

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