„Der Lack ist ein Teil von mir“: Tom Brane – Autodidakt mit Sprühdose Kultur | 01.04.2020 | Arwen Stock

Tom Brane

Streetart-Künstler, Grafitti-Sprayer, Grafiker – Tom Brane hält wenig von Kategorien und Schubladen. Das Wichtigste für ihn ist sein kreatives Schaffen. In Freiburg und der REGIO hat er ausdrucksstarke Spuren hinterlassen.

Seine Kunst ist im Wortsinn „groß“, oft unübersehbar, und lädt zum Stillstehen und Staunen ein.  „Ich wollte und will alles entdecken im kreativen Bereich“, sagt Brane. Fragen nach seinem bürgerlichen Namen und dem genauen Alter ignoriert er. Das alles ist ihm nicht so wichtig. Schon als Kind hat er fast jeden Tag gezeichnet. „Ich bin früh, mit neun Jahren, in Kontakt zur Sprühdose gekommen“, erinnert er sich. Nach der Realschule begann er eine Lehre als Grafiker. Zum Studium Grafik, Design und Illustration kam er nach Freiburg, arbeitete ein Zeit lang in Festanstellung und machte sich schließlich als Illustrator selbstständig.

„Das waren heftige Zeiten mit ein paar Jahren kurz vor der Obdachlosigkeit“, berichtet Brane, der offen über Tiefs und Hochs spricht. In diese Zeit fiel auch
seine erste Streetart-Ausstellung. Brane kuratierte die Schau und stellte zusammen mit Kollegen aus dem gesamten Dreiländereck Arbeiten aus. „2011 war das – 2021 wäre es toll, die gleichen Leute genau dort wieder auszustellen“, so seine Idee. Alle Teilnehmer seien mittlerweile voll im Kunst-Business und präsent auf der Art Basel sowie der Art Karlsruhe.
Seine erste Wand kam 2013: In der Freiburger Innenstadt, unterhalb des Schwabentors, sollte eine Straßenmusikerszene entstehen, ein Graffito. Nach vielen Diskussionen, unter anderem im Freiburger Gemeinderat, musste er unterschreiben, „dass das Werk keine Kunst ist und wieder überstrichen werden darf“, lacht Brane. Freiburg sehe sich gerne als „junge Stadt“, sei jedoch nach wie vor bürokratisch verkorkst.

„Die Gesellschaft hier ist jedoch sehr vielseitig“, weiß Brane. Ein Zeugnis dafür ist sein wohl bekanntestes Werk, das an einem Privathaus prangt. Kunden beauftragten ihn, die komplette Fassade ihres jüngst gekauften Gebäudes in der Freiburger Wiehre zu gestalten. Doch es gab Widerstand. „Mir wurde vorgeworfen, ein Denkmal zu zerstören“, erinnert sich der Grafitti-Künstler. Dabei sei er zeitgleich damit beschäftigt gewesen, auf rund 100 Quadratmetern am Emmendinger Bahnhof ein Denkmal zu schaffen. Das wurde durch den Gerichtsstreit völlig in den Hintergrund gedrängt. Zwei Monate, unzählige Interviews und Unterschriftenlisten später lautete das Urteil: kein Denkmalschutz. Brane konnte die Wandgestaltung abschließen.
Mittlerweile hat er zahlreiche weitere Leinwände und Wände, darunter ein Hochhaus in Düsseldorf, besprüht. Für Brane, der sich als „Autodidakt mit Sprühdose“ bezeichnet, hat jede Wand ihren Charme: egal ob groß oder klein. Seine Auftragsbücher sind bis Mitte 2021 voll. „Das Wertvollste ist die Wertschätzung“, findet er.

Oft braucht er unzählige Dosen, auch für kleine Wände. Farbnuancen lassen sich nur im Sprayen mischen. Die erste Stunde arbeitet er immer ohne Maske: „Der Lack wird dann ein Teil von mir und ich ein Teil des Lacks.“ Doch er greift auch zum Pinsel und illustriert mit Tusche. Festlegen möchte er sich nicht. Nur auf eines, sein kreatives Schaffen, das für ihn wie ein Zwang sei. „Ich liebe es“, sagt er, „ich habe eine Million Ideen im Kopf, ich kann sofort loslegen.“

Info

www.tombrane.de

Foto: © Rebekka Doldr