Psychedelische Überraschungseier: Cosmic Mints legen Debütalbum vor Kultur | 13.07.2020 | Till Neumann

Band Cosmic Mints

Sechs kosmische Männer, ein Universum: Die Freiburger Blues-Rocker „Cosmic Mints“ haben ihre erste Platte rausgebracht. Nur sieben Songs sind drauf. Doch die stecken voller Überraschungen.

Absolut uncool. So könnte man die Situation der Cosmic Mints beschreiben. Ihr Release platzt mitten in die Corona-Zeit. Streamshows nehmen überhand, das Interesse daran ist verhalten. Eine digitale Releaseparty soll trotzdem steigen. Anfang Juni wollten die „Kosmischen“ eine Show aus dem Slow Club streamen. Eine Notlösung, die in die Hose ging. Die Übertragung klappte nicht – was sie erst danach bemerkten. Ein neuer Anlauf ist jetzt im Artik geplant für den 19. Juni.

Dass sie derzeit nur eine Streaming-Show spielen können, trifft sie hart: „Es ist bitter, wir hauen zum ersten Mal richtig viel Material raus“, sagt Sänger Alexander Emmert. Mit dem Release wollten sie Gigs an Land ziehen, den nächsten Schritt machen, CDs verkaufen.

Durchziehen möchten sie trotzdem. „Immerhin können wir überhaupt ein Release machen“, sagt Emmert. Eine Geldsache sei das am Ende des Tages eh nicht.

In Freiburg ist die Band bis heute ein Geheimtipp. Dabei spielt sie auf hohem Niveau. Die düsteren und druckvollen Songs haben Wiedererkennungswert. Das liegt einerseits an Emmerts Stimme. Mit viel Gefühl singt sich der hauptberufliche Truckerfahrer den Schmerz von der Seele. Zum anderen sind die Beats wahre Überraschungseier. Immer wieder gibt es Breaks, überraschende Wendungen. Mal wird’s plötzlich ruhig, dann donnert die Abrissbirne durch die Boxen. „Psychedelic Fuzz & Roll“ nennen sie ihren Style.

Cosmic Mints malen atmosphärische Bilder, die auch als Filmsoundtracks durchgehen könnten. Krächzende Gitarren wabern umher, der Bass schiebt nach vorne, die Drums wummern. Das wirkt zerbrechlich, aber zugleich äußerst robust.

Bandcollage Cosmic Mints

Mögen es flippig: Bassist Joey Ssymank und Sänger Alexander Emmert.

Nicht nur in dieser einen Hinsicht schwimmt die Band gegen den Strom. Während Songs mit einer Länge von maximal 3.30 Minuten als radiotauglich gelten, gönnen sich die Freiburger astronomische Ausmaße: Der Opener „The Gun“ geht 6.22 Minuten. Auch die Nummer zwei („Even“) bricht die Sechs-Minuten-Marke.

„Es kommt natürlich aus uns raus“, sagt Keyboarder Julian Weyand. „Die Tracks werden noch länger“, scherzt Emmert. Spaß beiseite: Man probiere es mit kürzeren Nummern, die Dauer sei aber nicht entscheidend. Bewusst fürs Radio schreiben wollen sie nicht. Viel wichtiger ist ihnen, dass sich alle im Sound wiederfinden.

Das ist bei den unterschiedlichen Backgrounds kein Leichtes: Emmert kommt aus der Singer-Songwriter-Ecke. Julian Weyand hat ein Faible für Techno, Gitarrist Attilio Ferrarese steht auf Metal und Blues.

„Den einen Songwriter gibt’s nicht bei uns“, sagt Emmert. Er schreibe zwar die Texte, die Lieder erarbeiten sie jedoch gemeinsam. Brüche einzubauen, findet er „geil“. So bringe jeder Ideen mit, die Songs bekommen viele Gesichter. Wenn sie alle Teile zusammenlegen, wird ein Lied auch mal ausschweifender. Hänger hat das Album dennoch keine, vorausgesetzt, man kann sich für ein zweieinhalbminütiges Drumintro begeistern.

Auch optisch sticht die Band heraus: Halbnackt oder in schrillen Kostümen laufen sie auf. Sänger Emmert ist mit Tattoos und Vollbart ein Eyecatcher. Bassist Joey Ssymank trägt auch mal einen Aluhut, Drummer Sven Maurer scheint eh immer zu Scherzen aufgelegt.

Nervenaufreibender Mix und anständige Drogen

Rund 50 Shows haben Cosmic Mints bisher gespielt. 2017 schafften sie es ins Finale des Musikwettbewerbs „Fürstenberg Lokal Derby“. Im Newcomer-Programm des ZMF standen sie 2019 nach den Beach Boys auf der Bühne, und bei „Zelt im Café“ spielten sie in Ditzingen auf derselben Bühne wie Ton Steine Scherben.

Ihr Album ist damit überfällig. Doch der Weg dahin war steinig: Die meisten Nerven ließen sie beim Mix, der sich über Jahre hinzog. „Fürs nächste Album schließen wir uns drei Wochen ein“, sagt Emmert. Das Lachen ist ihnen aber weiß Gott nicht vergangen. Was sie sich für ihre Platte wünschen? „Dass sie zu mehr Sex, Nähe und Körperkontakt animiert“, sagt Weyand und grinst.

Auch ihre Lieblingsdrogen zählen sie gerne auf: „Koks und Heroin sind noch zu teuer“, scherzt Weyand. Bisher bleiben sie bei Roggenbrot, Kaffee, Maischips. Als Durstlöscher gibt’s natürlich kosmischen Minztee.

Fotos: © MacnJam, tln