Weltliteratur in Hausach: der LeseLenz im Kinzigtal Kultur | 30.06.2019 | Erika Weisser

LeseLenz

Jeden Sommer findet in Hausach im Kinzigtal der LeseLenz statt. Was 1998 mit drei Schriftstellern begann, präsentiert sich inzwischen als „eines der spannendsten Literaturfestivals im deutschsprachigen Raum“, wie einst die FAZ schrieb.

LeseLenz? Dieses Fest der Autoren und ihrer Bücher wird doch vom 3. bis 12. Juli und nicht im Frühjahr gefeiert? Doch die ersten Hausacher Literaturtage, sagt LeseLenz-Erfinder und -Kurator José F. Agüera Oliver, waren im April. Und als das Festival – das auch schon einmal im Herbst stattfand – wegen der wachsenden Einbeziehung von Schulen und Kindergärten in die Zeit vor den Sommerferien gelegt wurde, sei der Name bereits Programm gewesen.

Ein Programm, das nicht einfach nur Lesungen aneinanderreiht: Alljährlich kommen in Hausach bekannte und weniger bekannte Dichter aus der ganzen Welt zusammen, um sich mit „schöpferischer Gestaltungsfreude“ untereinander auszutauschen. Um sich aber auch mit den Besuchern – im vergangenen Jahr waren es mehr als 4000 – auf „literarische Entdeckungspfade“ zu begeben und mit ihnen ins Gespräch zu kommen. „Literatur ist Sprache. Sprache ist Dialog. Dialog ist Vielfalt. Vielfalt ist Mehrstimmigkeit, ist Hoffnung“, findet Oliver, der in diesem Jahr 63 Schreibende zu Gast haben wird.

Lyrik als Antwort auf viele Unstimmigkeiten

 sind darunter, Krimischreiber, Liedermacher, Sachbuchverfasser, Romanciers – und 25 Lyriker. Die Lyrik, betont der 58-Jährige, der selbst Autor unzähliger Gedichte ist, sei ihm besonders wichtig. Sie sei „die einzige Antwort auf viele Unstimmigkeiten in dieser Zeit“ und sollte deshalb ein wesentlicher Bestandteil jedes Literaturfestivals in Deutschland sein. Seine eigenen Werke präsentiert Oliver beim LeseLenz nie – das fände er unredlich und unanständig: „Ich bin Kurator und Festivalleiter. Das ist mein poetisches Dabeisein.“

Wie er überhaupt auf die Idee kam, in einem abgelegenen Schwarzwaldtal ein solches Literaturfestival zu veranstalten? Es habe für ihn, schmunzelt der gebürtige Hausacher mit andalusischen Wurzeln, nur zwei Möglichkeiten gegeben: „Entweder wegziehen in eine größere Stadt oder alles zu gründen, was mir hier fehlte. Also holte ich die Literatur nach Hausach.“ Er habe freilich nicht damit gerechnet, dass seine mit Leidenschaft, Mut und Geduld umgesetzte Idee mit der Zeit eine solche Wirkung, eine solche Anziehungskraft entwickeln würde.

Oliver-LeseLenz

Hat die Weltliteratur nach Hausach geholt: Initiator José F. A. Oliver.

Dass er sich darüber freut, ist deutlich spürbar. Auch wenn die lange Vorbereitungsarbeit für die jeweiligen Veranstaltungen den ohnehin viel beschäftigten Dichter viel Zeit kostet. Bisweilen plane er über einen zwei- oder gar dreijährigen Zeitraum hinweg – er und sein Kuratorenteam seien schon jetzt an der Organisation des Jubiläums zum 25. LeseLenz. Zu diesem Team gehört auch seine Familie: „Die nächste Generation ist verantwortlich beteiligt. Es muss ja in ein paar Jahren weitergehen.“

Doch jetzt freut sich José Oliver erst einmal auf das bevorstehende Fest, ist schon ganz gespannt auf den Samstagnachmittag mit Max Czollek, der über sein Buch „Desintegriert euch!“ mit dem Moderator Michael Braun ins Gespräch kommt. Ein Gespräch, das durchaus zu einem Disput werden könne, da die beiden in mancherlei Hinsicht sehr unterschiedlicher Meinung seien. Er freut sich auch sehr auf Ilija Trojanow, mit dem er „seit Jahrzehnten sehr eng befreundet“ ist und der die Reihe „Weltlese“ kuratiert. Zu der hat Trojanow in diesem Jahr Dzevad Karahasan aus Bosnien und Herzegowina eingeladen.

Aber eigentlich fiebert Oliver allem entgegen: „Der LeseLenz ist jedes Jahr ein Gedicht mehr für mich, ein Gesamtkunstwerk, das ich zusammenstellen darf – vielleicht mein aufreibendstes Gedicht. Ein lebendiges Poem, das zehn Tage lang Wortteppiche auslegt.“

Info

22. Hausacher LeseLenz:
Literatur & die Natur (des Menschen)
3. bis 12. Juli
Programm:
www.leselenz.com

Fotos: © Panoramastudio