Museum für neue Kunst zeigt 425 Quadratmeter großes Werk von Peter Zimmermann STADTGEPLAUDER | 16.04.2016

Im Freiburger Museum für Neue Kunst darf die Kunst mit Füßen getreten werden. Im wahrsten Sinne des Wortes. Der gebürtige Freiburger Peter Zimmermann hat hier sein bisher größtes Gemälde geschaffen – und zwar auf dem Boden. 1400 Liter Farbe sind auf die 425 Quadratmeter der fünf Ausstellungsräume geflossen. Ergänzt wird das Bodengemälde von zwölf Ölbildern, die sich in dem farbig glänzenden Boden spiegeln. Es ist die erste Sonderausstellung des frisch renovierten Museums.
 

 
„Peter Zimmermann bringt die Malerei an Grenzen“, schwärmt Direktorin Christine Litz, „denn dort ist Platz für Unerwartetes und Unerprobtes.“ 21 Tage lang hat der konzeptuelle Maler im geschlossenen Museum Epoxidharz angerührt und in sieben Schichten auf dem Boden aufgetragen – so behutsam, dass die darunterliegenden Schichten noch durchschimmern und ein faszinierendes Farbspiel ergeben. „Der große Reiz für mich war, mit diesen Dimensionen zurechtzukommen“, sagt Zimmermann. Für das Freiburger Museum habe er erstmals direkt vor Ort ein Bodengemälde angefertigt.
 
Für den Wahl-Kölner trifft hier seine künstlerische Vergangenheit auf die Gegenwart. Gemälde aus Kunstharz fertigt er bereits seit den Achtzigern, mit Ölbildern beschäftigt er sich hingegen erst seit drei Jahren. Seine Vorgehensweise ist aber dieselbe geblieben: Er verfremdet Fotos und Bilder aus seinem Arbeitsalltag mit digitalen Filtern und überträgt sie anschließend auf Leinwand. Mit seiner „Post-Internet-Art“ will er so den Einfluss digitaler Medien auf die Malerei zeigen.
 
Seine Gemälde mit den abstrakten, fließenden Formen waren etwa schon im Centre George Pompidou in Paris oder im Museum of Modern Art in New York zu sehen. In seiner Heimatstadt ist es hingegen seine erste institutionelle Ausstellung. Sie repräsentiere einen der Schwerpunkte des Museums, so Litz: Kunst, die regional entstanden, aber international bedeutsam ist.
 

 
„Peter Zimmermann. Schule von Freiburg“ ist die erste Sonderausstellung nach dem viereinhalbmonatigen Umbau. Sie darf nun in ganz neuem Licht erstrahlen, denn Boden und Ölgemälde werden nun von einer 430.000 Euro teuren LED-Lichtanlage beschienen. Litz lässt den Zeigefinger über ein Tablet wandern und schon sind die eben noch strahlend weißen Flächen in ein mattes Gelb getaucht: Ist-Zustand vor dem Umbau. „Das ist der Grund, warum wir Künstler wie Zimmermann nicht schon früher angefragt haben“, erklärt die Direktorin.
 
Sie und ihr Team haben zusammen mit Kunstgeschichtsstudenten der Uni Freiburg den Umbau genutzt, um die ständige Sammlung neu zu konzipieren: Die klassische Moderne von August Macke bis Otto Dix wird nun etwa in der Atmosphäre eines Studienzimmers präsentiert, und schwarze, leere Rahmen an den Wänden erinnern an die Beschlagnahmungen der Reichskunstkammer 1937.
 
Ein Bild von der Wand zu nehmen ist eben keine Kunst. Doch wie deinstalliert man ein mehr als 400 Quadratmeter großes Bodengemälde? Auf jeden Fall nicht in einem Stück. Das Gemälde geht zwar nach drei Monaten zurück an den Künstler – allerdings nur in kleinen Teilen. Inklusive aller High-Heel-Kratzer und Turnschuh-Streifen. Denn die sind bei Zimmermanns Bodengemälde nicht nur erlaubt, sondern als „eine Art Patina“ sogar gewollt.
 
INFO

Peter Zimmermann. Schule von Freiburg
bis 19. Juni im Museum für Neue Kunst
Öffnungszeiten: Di.– So. 10 bis 17 Uhr
www.freiburg.de/museen
 
Text: Tanja Bruckert / Fotos: tbr, Berhard Strauss © VG Bild-Kunst, Bonn 2016