Gegen das Vergessen: Alexander Dettmar erweckt zerstörte Synagogen wieder zum Leben Szene | 15.11.2018 | Isabel Barquero

In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurden in fast allen Städten Deutschlands die Synagogen niedergebrannt. Kaum ein jüdisches Gotteshaus konnte anschließend restauriert werden.

Der in Freiburg geborene Künstler Alexander Dettmar hat es sich zur Aufgabe gemacht, die zerstörten Synagogen vor der völligen Vergessenheit zu bewahren. Mehr als 150 Gebäude hat er bereits gemalt – darunter auch die Freiburger Synagoge.

„Die Gassen und Plätze der Städte sind mein Atelier. Ich fange in meinen Bildern die Architektur der noch erhaltenen alten Bauwerke ein“, erzählt Dettmar. Für seine Bilderserie von zerstörten Synagogen in Deutschland musste der 65-Jährige seine Arbeitsweise allerdings ändern.

Seit 1994 malt Dettmar anhand von Skizzen, Aufnahmen und Zeitzeugen die verloren gegangenen Bauwerke und gibt sie so der Gesellschaft wieder zurück – gegen das Vergessen. Er malt bewusst keine zerstörten Synagogen, um „an die Schönheit dieser Gebäude zu erinnern.“

Für die teilweise streng gehüteten Unterlagen recherchierte Dettmar lange: „Ich möchte die vorhandenen Abbildungen nicht nachzeichnen, sondern eine lebendige, künstlerische Komposition malen. Die Werke sollen berühren und zum Nachdenken anregen, damit so etwas nie wieder passiert.“

Durch Zufall kam Dettmar dazu. Während er den Güstrower Dom malte, berichtete ihm jemand von der zerstörten Syna­goge. Auf der Suche nach den Überresten fand er lediglich einen schmutzigen Parkplatz. „Das hat mich geärgert. Ich wollte die Synagoge genauso schön malen wie den Dom zuvor auch.“ Es folgten weitere Gemälde. Aufträge habe er nie bekommen.

Nach mehr als fünf Werken entschied er sich für eine Reise quer durch die Republik, um nahezu alle niedergebrannten Bauwerke zu neuem Leben zu erwecken. Die Anfertigung der Bilder hat ihn viel Kraft gekostet: „Wenn ich etwas Vorhandenes male, bin ich euphorisiert. Bei den zerstörten Synagogen hingegen bin ich mit den tragischen Geschichten so vieler Menschen verbunden.“

2005 befasste sich Dettmar mit der großen Synagoge in Hannover, die Ausstellung schaffte es bis nach New York. 2011 entstand das Gemälde der Freiburger Synagoge. Auf Initiative von Richard Leibinger, langjähriger Waldkircher Oberbürgermeister, und durch Sponsoren konnte es für die Stadt erworben werden. Laut Oberbürgermeister Martin Horn könne es im geplanten NS-Dokuzentrum hängen.

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