Impfen schützt in jedem Alter: Was das RKI, die STIKO und der Kinderarzt empfehlen Bauch & Baby | 10.12.2022 | Reinhold Wagner

Kleinkind mit Elternteil beim Arzt zum Impfen

Es gibt Krankheiten, die dürfte es heute eigentlich längst nicht mehr geben. Dank moderner Medizin lassen sich Masern, Grippe, Kinderlähmung und mehr durch Impfen dauerhaft in den Griff bekommen. Mediziner raten daher allen Eltern und ihren Kindern – nach ausgiebiger ärztlicher Beratung – jede Impfung zum jeweils optimalen Zeitpunkt wahrzunehmen, die von der Ständigen Impfkommission (STIKO) empfohlen wird.

Jahr für Jahr aufs Neue veröffentlicht das Robert Koch-Institut (RKI) regelmäßig Ende Januar seine aktualisierte Liste mit allen Empfehlungen, wer wann sich wogegen impfen lassen sollte. Dieser Impf-Kalender bietet hierzulande die beste Übersicht und Kontrolle über die empfohlenen Standardimpfungen für Säuglinge, Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Er lässt sich in 21 Sprachen bequem herunterladen und ausdrucken (siehe Info).

Der mit zwei Praxisstandorten in Gundelfingen und Breisach ansässige Kinder- und Jugendarzt Dr. Alexander Wiedensohler erklärt, was es mit den einzelnen Empfehlungen, beginnend im frühen Kindesalter, auf sich hat: „Jeder werdenden Mutter wird während der Schwangerschaft eine Auffrischung ihres Impfstatus gegen Tetanus, Diphtherie und Keuchhusten nahegelegt. Vor allem beim Keuchhusten ist das wichtig, denn dessen Halbwertszeit reicht etwa bis zu zwei Monate nach der Geburt. Bis dahin ist das Baby zunächst über die Plazenta, dann durch die sogenannte Leih-Immunität mitgeschützt. Sind die Antikörper aufgebraucht, erhält das Kind seine ersten eigenen Impfdosen. Das geschieht heute durch die gängige 6-fach-Impfung ab dem dritten Lebensmonat, in der auch die Antikörper gegen Hib (Haemophilus influenzae Typ b), Hepatitis B und Polio enthalten sind. Der zweite Piks ist eine Pneumokokkenimpfung. Das dritte eine Schluckimpfung gegen den Rotavirus, einen Brechdurchfallerreger, der nur in den ersten drei Lebensjahren eine Rolle spielt.“

Das hört sich zunächst nach viel an. Doch Wiedensohler beruhigt: „Das alles sind Kombinationsimpfstoffe, die man zusammen gibt. Nach zwei Monaten wird das Ganze wiederholt und dann noch einmal am Anfang des zweiten Lebensjahrs. Mit dieser dritten Dosis ist die Grundimmunisierung abgeschlossen.“

Das Impfen gegen Masern, Mumps, Röteln und Windpocken wird erst ab dem Beginn des zweiten Lebensjahrs empfohlen. Bis auf die verpflichtende Masern-Impfung, die gerade in jüngster Zeit wieder für Diskussionsstoff sorgt, beruht alles auf freiwilliger Basis. Wie auch im Rahmen der ersten Vorsorgeuntersuchungen U1 und U2, die bei einer Klinikgeburt noch vor Ort durchgeführt werden, findet für die U3-Untersuchung in den Kinderarztpraxen jeweils eine ausführliche Beratung statt, wonach Eltern vier Wochen Zeit haben zu überlegen, ob sie ihre Kinder impfen lassen. „Die meisten Eltern nehmen alle Angebote wahr. Und auch das Gros der Kinderärzte ist fürs Impfen“, so Wiedensohler.

Was vor allem für Kritik sorgte, war weniger die Einführung der Masern-Impfpflicht im März 2020 als die Tatsache, dass der Masern-Impfstoff nur in einer Kombinationsimpfung verabreicht wird, sprich: gemeinsam mit einer Impfung gegen Röteln, Mumps und Windpocken. Das erschien manchem wie eine Art „Impfpflicht durch die Hintertür“. Das Bundesverfassungsgericht aber entschied letztlich, dass die Vorteile einer solchen Impfung gegenüber den Risiken in Kauf zu nehmen seien. „Masern können auch Folgekrankheiten wie eine bestimmte Art der Hirnhautentzündung hervorrufen, die für jeden 10.000sten tödlich ist. Das wusste man früher noch nicht. Die Krankheit ist daher längst nicht so harmlos, wie bisher vermutet“, so Wiedensohler.

Ab dem 12. Lebensmonat schließlich empfiehlt die STIKO eine Impfung gegen Meningokokken vom Typ C. Unter diesen Bakterien gibt es verschiedene Typen. Die Impfempfehlung für Deutschland gilt für den Typ C. Darüber hinaus stellt die GSK (GlaxoSmithKline GmbH) auf ihrer Internetseite alle fünf Typen vor: A, B, C, W und Y (de.gsk.com/de). Die Erkrankungen sind zwar sehr selten, können aber insbesondere für Babys und Kleinkinder unter zwei Jahren lebensbedrohlich sein. Einmal mehr tut daher individuelle, persönliche Beratung gut.

Weitere Impfempfehlungen kommen erst in späteren Lebensabschnitten zum Tragen, so beispielsweise die Zeckenimpfung (empfohlen ab dem fünften Lebensjahr) oder die HPV-Impfung (empfohlen ab dem zehnten Lebensjahr). „Während es in Deutschland viele Diskussionen um eine Impfpflicht gibt, gibt es im europäischen Ausland mehr Pflichtimpfungen. Dabei sind die Standard-Nebenwirkungen sehr überschaubar: Leichte Temperatur ist eher sogar ein gutes Anzeichen dafür, dass der Körper reagiert. Ein kleines Knubbelchen an der Einstichstelle, ein kleiner Ausschlag oder etwas Müdigkeit, mehr spüren die meisten nicht“, merkt Wiedensohler an.

Info:
Der jährlich aktualisierte Impf-Kalender und die laufend aktualisierten
Impf-Empfehlungen des Robert Koch-Instituts (RKI) und der Ständigen Impfkommission (STIKO) sind abrufbar unter:
https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Impfen/Impfkalender/Impfkalender_node.html.

Dr. Alexander Wiedensohler

Zur Person:

Kinder- und Jugendarztpraxis Dr. Alexander Wiedensohler und Dr. Maria Haller, Impfberatung und Impfungen.

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