„Einfach nur lächerlich“ – Fridays-for-Future-Sprecherin appeliert an Bundesregierung News & Trends | 30.03.2020 | Julian Schneider

Tote Bäume im Wald

Am 20. August 2018 streikte die Klimaaktivistin Greta Thunberg zum ersten Mal vor dem schwedischen Parlament. Eineinhalb Jahre später ist aus der Einpersonen-Demonstration eine weltweite Klimabewegung geworden. Auch in Freiburg gehen regelmäßig Zehntausende auf die Straße. Es müsse noch viel getan werden, macht Fridays-for-Future-Sprecherin Anna Castro Kösel im Interview mit f79-Autor Julian Schneider deutlich.

f79 // Im September 2019 hat die Bundesregierung ihr Klimapaket vorgestellt. Die darin festgelegte CO2-Bepreisung soll im ersten Jahr 25 Euro betragen und danach jedes Jahr um fünf Euro steigen. Was ist deine Meinung dazu?
Anna // 25 Euro sind ein Witz. Und ursprünglich geplant waren nur zehn Euro. Wenigstens hat unser Druck doch noch zu einer Erhöhung geführt. Es ist einfach nur lächerlich, dass man sich auf nur 25 Euro einigt. Um zukünftige Schäden auszugleichen, müsste man mindestens 180 Euro verlangen.

f79 // Elektroautos werden im Paket nur wenig gefördert, Pendler dafür mehr …
Anna // Es geht nicht, dass jemand, der einen fetten SUV fährt, genauso subventioniert wird wie jemand, der mit dem Zug fährt und eventuell mehr Geld ausgibt. Was ich aber noch schlimmer finde ist, dass noch nie so viele Neuwagen zugelassen wurden wie 2019. Es gibt so viele Menschen, die etwas verändern wollen. Trotzdem gibt es auch sehr viele, die den Klimawandel leugnen und denen die Zukunft der Erde egal ist. Ich bin jedoch kein Fan von Elektroautos, sondern eher von Carsharing oder öffentlichen Verkehrsmitteln.

f79 // Viele Autofahrer geben an, dass sie Auto fahren, weil der ÖPNV zu unzuverlässig oder zu teuer ist. Luxemburg will den ÖPNV ab März kostenlos machen. Sollte man das auch in Deutschland einführen?
Anna // Wir von Fridays for Future wollen, dass der ÖPNV in Freiburg ticketfrei wird. Ich persönlich finde die Preise der Tickets zu hoch. Man könnte durch ein bepreistes Einfahren von Autos in die Stadt den Autoverkehr senken, den ÖPNV ausbauen und kostenlos machen. Für eine City-Maut braucht es aber erst eine gesetzliche Regelung auf Bundesebene.

Fridays-for-Future-Sprecherin Anna Castro Kösel

Geht fürs Klima auf die Straße: Fridays-for-Future-Sprecherin Anna Castro Kösel.


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Ein weiteres Umwelt-Problem ist, dass viele Kohlekraftwerke nach wie vor am Netz sind und Windkraft von Anwohnern verhindert wird. Müsste die Regierung da nicht auch handeln?
Anna // Auf jeden Fall. Es ist ein Unding, dass dieses Jahr noch ein weiteres Kohlekraftwerk namens Datteln 4 (in Nordrhein-Westfalen, Anm. d. R.) an den Strom geht. 2038 müssen wir aus der Kohleenergie draußen sein und trotzdem lässt die Bundesregierung Datteln 4 ans Netz. Außerdem besagen Zahlen, dass sogar eine Atommülldeponie und ein AKW näher an einer Siedlung sein dürfen als ein Windrad. Man muss die Abstandregel für Windräder abschaffen, um mehr Windräder bauen zu können und die Kohlekraftwerke zu ersetzen. Ein großes Problem für die Windkraft ist der aktuelle Wirtschaftsminister Peter Altmaier, der das Vorankommen der Windenergie blockiert.

f79 // Sollte Fridays for Future eine Partei gründen?
Anna // Es gibt Überlegungen, jedoch von Fridays for Future losgelöst, da Fridays for Future eine politische Bewegung ist, die eine Beobachterrolle hat und sich mehr Leute einbringen können.

f79 // Was hat Fridays for Future im letzten Jahr erreicht?
Anna // Wir haben das Thema Klimawandel in die Mitte der Gesellschaft und in die Politik gebracht. Greta Thunberg hat sehr viele Kinder und Jugendliche auf der ganzen Welt dazu bewegt, für ihre Zukunft zu demonstrieren. Man muss aber auch sagen, dass wir in der Politik nur sehr wenig erreicht haben. Wir werden trotzdem nicht aufhören zu demonstrieren, da der Klimawandel nicht aufhört und wir immer einen Grund haben werden zu demonstrieren.

f79 // Was habt ihr für dieses Jahr geplant?
Anna // Wir wollen auf jeden Fall weiterhin streiken. Die nächste große Demo in Freiburg findet am 3. April statt. Wir werden auch weiterhin bei den großen globalen Streiks dabei sein, aber wir werden auch kleinere Streiks veranstalten.

Fotos © pixabay.com,  Stefan Hipp, Tariel Leiss