„Geisteskranker Sprung“: Sänger Kasi über seinen kometenhaften Aufstieg 4Musik | 23.10.2024 | Till Neumann

Vor zwei Jahren kannte kaum einer den Freiburger Musiker Kasi. Heute ist der Mittzwanziger einer der Indie-Newcomer des Jahres. Im Interview erzählt Kasimir Herbst aka Kasi mit seinem Produzenten Antonius vom Aufstieg, surrealen Momenten und der nächsten Tour.
chilli: Kasi, du nennst dich auf Social Media weiterhin keinerkenntkasi. Wann änderst du das?
Kasi: Gar nicht. Ich find den Namen super. Auch weil es jetzt größer wird, ist das witzig irgendwie.
chilli: Kommst du noch unerkannt durch Freiburg?
Kasi: Ich kann ganz normal rumlaufen, kein Problem. Ich werde ab und zu angesprochen, aber nicht so, dass es einen einschränken würde. Manchmal beim Feiern ist es kritisch, wenn man in einem Club ist und du wirst schon in der Schlange 30-mal angeschaut. Dann gehst du nicht mehr so befreit dancen.
chilli: Im Oktober kommt das Mixtape harddrive2024. Auch als Vinyl. Euer erster handfester Tonträger.
Kasi: So geil Digger. Krass, wir freuen uns hart darauf. Wir haben uns einen kleinen Traum erfüllt.
chilli: Mitte Oktober geht es auf Tour. Die meisten Shows sind ausverkauft. Wie fühlt sich das an?
Kasi: Geil. Unsere erste Tour letztes Jahr waren vier Städte. Dieses Jahr sind es 24 Städte. Ein geisteskranker Sprung. Wir hatten monatelang schlaflose Nächte, weil wir dachten: Verdammte Scheiße, wie sollen wir das alles verkaufen? Aber es hat geklappt. Wir haben die Tour von 13.000 auf 18.000 Tickets hochverlegt. Die Leute kaufen Tickets. Wir sind mega happy.
chilli: Ihr habt im Juli ein Video gepostet vor dem Superbloom-Festival, wo ihr euch fragt, ob überhaupt jemand kommt. Dann war um 11.30 Uhr bei eurer Show die Hölle los.
Kasi: Ja, es ist völlig surreal. Ich glaube, es wird auch erst real, wenn man es dann gemacht hat. Das ist das erste Mal, dass wir auf so eine große Tour gehen. Es wird heftig. Ich habe Respekt davor und auch ein bisschen Angst. Aber vor allem einfach nur mega Bock.
chilli: Könnt ihr euch erklären, warum es so steil geht?
Kasi: Da haben wir oft drüber geredet. Ich glaube, das ist gerade generell so die Musik, die im Trend liegt. Da haben wir Glück gehabt, als wir das schon vor zwei Jahren gemacht haben. Nicht, weil es im Trend liegt, sondern weil wir darauf Bock hatten. Wir sind keine krassen Ausnahme-Musiker. Das ist kein Hexenwerk, aber ich glaube, wir machen es gut. Wir machen es authentisch und ich glaube, die Leute checken das.
Antonius: Ich kann es mir auch nicht erklären. Wie Kasi gesagt hat: Indie ist gerade trendy. Wir machen das gerne und irgendwie finden das Leute cool. Dafür sind wir sehr dankbar.
chilli: Gab es den Moment, an dem ihr gemerkt habt, dass es groß wird?
Kasi: Alles ist irgendwie organisch gewachsen. Dieses Jahr Festivalsaison war krank, da standen halt teilweise 5000 bis 6000 vor der Bühne. Wenn ich mir die Videos anschaue, sage ich mir: Du heilige Scheiße. Jede Show gibt es den Moment, wo man einmal kurz die Inear-Kopfhörer rausmacht und sich denkt: Was ist passiert? Aber es fühlt sich jetzt nicht an nach: Okay, wir haben es geschafft. Weil dann ist der Hunger weg und du hörst auf.
chilli: Wie viele Gedanken machst du dir über das, was du schreibst?
Kasi: Das ist alles spontan. Manchmal denkt man sich: Bro, jetzt habe ich den zehnten Song, wo ich immer genau dasselbe singe. Aber im Endeffekt machen das ja alle. Ich versuche einfach nur, irgendwie das zu erzählen, was bei mir gerade abgeht. Wenn es nach anderthalb Jahren immer noch Liebesschmerz ist, dann ist es so.
chilli: Du erzählst viel von gebrochenen Herzen, Partys, Melancholie, Kater.
Kasi: Komplett so ist auch mein Leben.
chilli: Ich habe rausgelesen: Du bist eine romantische Nachteule, die ab und zu eine Kippe raucht.
Kasi: Ich schwöre, das ist genau mein Leben. Ich bin jemand, der oft sehr melancholisch ist. Ein sehr gefühlvoller Mensch, krass nah am Wasser gebaut. Ich heule dreimal die Woche.
chilli: Ihr arbeitet täglich zusammen. Kasi, was zeichnet Antonius aus?
Kasi: Ich schätze ganz viel an Antonius. Also erstmal sind wir einfach beste Freunde. Ich schätze seine Ehrlichkeit und Integrität. Ich kenne niemanden, der so real ist als Person. Auf Arbeitsebene ist Antonius ne Maschine, genau das Gegenteil zu mir. Unfassbar pflichtbewusst. Antonius arbeitet 24/7, wenn er eine freie Minute hat, dann macht er was Produktives, auch alles Visuelle bei uns. Ohne Antonius hätte das niemals so gut funktioniert.
chilli: Und was schätzt du an deinem Kollegen?
Antonius: So wie Kasi gesagt hat: Er ist ganz anderes, viel mehr so intuitiv: Fühlt sich gut an, lass machen. Ich glaube, das ist das, was es auch so gut macht.
Fotos: © Luis-Frederik & Fatjon Humaj