Mangas: Zwei Autorinnen erzählen, wie Comics entstehen f79 – das Jugendmagazin | 04.04.2019 | Celine Stenzel 

Seit rund 100 Jahren gibt es Mangas. Die Comics aus Japan sind in Deutschland fester Bestandteil jeder Buchhandlung. Drei Viertel aller in Deutschland verkauften Comics waren schon 2006 Mangas. f79-Autorin Celine Stenzel hat zwei deutsche Manga-Autorinnen gefragt, was sie fasziniert an den gemalten Geschichten, die von rechts nach links gelesen werden.

Inga Steinmetz

„Ein bisschen Wahnsinn gehört dazu“, sagt Inga Steinmetz. Die 33-Jährige lebt in Berlin und zeichnet seit vielen Jahren Mangas. Ihre Leser sind hauptsächlich Jugendliche. „Dass Mangas nichts für Erwachsene sind, ist ein Vorurteil“, sagt Steinmetz. Trotzdem würden viele Leser ab 23 Jahren wegbrechen. Ab dieser magischen Grenze beginne für viele der Ernst des Lebens. Aber es gibt auch Ausnahmen, berichtet Martina Peters, ebenfalls Mangazeichnerin: Bei einer Signierstunde für ihr Buch „Lilientod“ hätten sich fünf ältere Damen wie Fangirls verhalten.

Die Themen können sich die beiden aussuchen. Sie schlagen Verlagen Ideen vor, bekommen den Zuschlag oder nicht. Sie veröffentlichen für den Carlsen Verlag oder auch TOKYOPOP. Die Bandbreite ist groß: Steinmetz schreibt Geschichten aus den Bereichen Fantasy, Schulkinder, Erotik oder autobiografische Reisebücher. Peters arbeitet zu Action, Fantasy oder Mystery-Thrillern. Auch Homosexualität behandelt sie, in der Fachsprache „BL“ (Boyslove) genannt.

Ihre Bücher gestalten die beiden größtenteils selbst. Neben den Zeichnungen sind sie auch für die Texte verantwortlich. Steinmetz ist der Text wichtiger als die Bilder. Ihre Gewichtung: 80 Prozent Story, 20 Prozent Zeichnungen, erzählt sie am Telefon. Für einen Band brauchen sie zwischen sechs und neun Monaten.

Die größten Herausforderungen als Autor? „Dass die Arbeit Spaß macht!“, sagen beide. Denn oftmals sehe man die Grenze zwischen Arbeit und Freizeit nicht. Eine Hürde sei auch, nicht ernst genommen zu werden. Denn viele sehen in dem Beruf der beiden eher ein Hobby. Doch Mangas zu zeichnen ist intensiv: Dass die beiden sich überarbeiten, ist keine Seltenheit.

Martina Peters

„Eine andere Schwierigkeit ist, dass man sich sehr viel Wissen aneignen muss“, erzählt Peters. Sie recherchiert zum Beispiel zu Zeichentechniken oder wie Gesichter besser gemalt werden können. Für die Buchabgabe gebe es von den Verlagen Deadlines. Um 200 Seiten zu füllen, braucht es Durchhaltevermögen.

„Nur die Bekloppten zeichnen über Jahre Mangas“, sagt Steinmetz und lacht. Comics zeichnen sei ein einsamer, harter Beruf. „Da muss man schon einen an der Klatsche haben.“ Doch die Leidenschaft überwiegt. Für sie gilt: „Das ist der beste Beruf der Welt.“

Für Peters zahlt sich dieser Wahnsinn aus. Die deutsche Mangaszene sei groß, die Akzeptanz steige. Steinmetz sieht das anders: Sie war 2013 für zwei Monate zu Besuch in Korea und findet Deutschland in Sachen Mangas noch recht klein. „Das sollte mehr wachsen“, hofft die Autorin. Entscheidend seien junge Leser: „Die Jugend sorgt dafür, dass der Comicmarkt in Deutschland nicht stirbt.“ Mangas hätten der Szene einen Impuls gegeben, weil die Geschichten immer wieder neue Leser fesseln.

Martina Peters

Die 33-Jährige ist seit 2001 aktiv in der deutschen Mangaszene. Sie lebt und arbeitet in Düsseldorf. Bekannt ist sie für die Lilientod-Trilogie in Zusammenarbeit mit der Autorin Anne Delseit, die Superhelden-Serie TEMPEST CURSE, Focus 10 und ihre Webcomics KAE und TEN. Sie arbeitet als Illustratorin, Comic- und Mangazeichnerin und gibt regelmäßig Workshops für 10- bis 16-jährige Mangafans. Ihr Künstlername ist Soen Kai. Mehr auf: www.laubhaufen.net

Inga Steinmetz

Die 36 Jahre alte Autorin lebt und arbeitet in Berlin. Steinmetz hat mehr als 20 Geschichten geschrieben und mehr als 1000 Seiten gezeichnet. Sie ist bekannt durch Zeitungsartikel und Fernsehauftritte. In Berlin gibt sie Work­shops für Kinder und Jugendliche. 2013 reiste sie für zwei Monate nach Korea, um die Mangaszene kennenzulernen. Mehr auf: www.the-wired.de

Mangas boomen

„Manga sind ein populäres Medium“, sagt Kai-Steffen Schwarz vom Carlsen Verlag. Vor allem junge Leser sorgten aufgrund des Fortsetzungs-Charakters vieler Serien für saisonunabhängige Frequenz. Die Steigerungen sind hoch: Der Umsatz sei im Buchhandel in den vergangenen sieben Jahren um mehr als 50 Prozent gewachsen. Etwa 65 Prozent der verkauften Comics in Deutschland seien Mangas. Carlsen ist nach eigenen Angaben seit rund 15 Jahren fast durchgehend Manga-Marktführer in Deutschland. Zwei Millionen Exemplare verkaufe man jährlich, so Schwarz.

Fotos: © privat, Inga Steinmetz, Martina Peters