Auf die Zukunft bauen: Zimmerer*innen müssen viel mehr können als nur auf Holz klopfen Ausbildung & Arbeit | 12.03.2024 | Sina Elbers/BZ

Ein junger Mann trägt ein großes Holzbrett Sägen, messen, zusammensetzen: Azubi Emilien Eveno packt in der Werkstatthalle mit an.

Auf der Baustelle sind sie die Fachleute für Holz: Zimmerer*innen. Egal ob Dachstuhl, Treppen oder Fachwerkkonstruktionen – wo sie messen, fräsen und nageln entstehen passgenaue Bauelemente.

So auch in der Zimmerei Grünspecht im Freiburger Norden. In der Werkhalle ist am frühen Montagmorgen schon reger Betrieb. Azubi Emilien Eveno arbeitet gemeinsam mit Kollegen an der Fertigung eines Gaubendachs. „Das Arbeiten mit Holz macht mir einfach Spaß“, fasst der 19-Jährige seine Begeisterung für das Handwerk zusammen. Der Beruf liegt ihm im Blut: Auch sein Vater ist als Zimmerer tätig. Und doch dürfte er heute so ganz anderes lernen als sein Vorbild.

Denn der Beruf hat sich wie andere Gewerke auch durch den maschinengestützten technischen Fortschritt verändert. „Das romantische Klischee des Zimmerers in Kluft, wie er, am besten noch im Sonnenuntergang, auf dem First Nägel schlägt, ist heute natürlich Quatsch“, erklärt Grünspecht-Zimmerer Timo Schlageter. Ebenso wichtig wie der sichere Umgang mit Hammer und Beil ist heute das Handhaben von CNC-Sägen. Und vorbei sind auch die Zeiten, dass noch maßstabgetreu Schablonen auf den Boden der Werkstatthalle gezeichnet wurden. Heute planen Zimmerer ihre Projektemit 3D-Software am Computer.

Das passende Rüstzeug bekommen angehende Zimmerer in der Ausbildung an die Hand und sind entsprechend vielseitig einsetzbar. Sie realisieren Neubauten in Holzrahmenbauweise, bauen Holzkonstruktionen für den Innenausbau, restaurieren Altbauten und bauen Dämmstoffe ein. Dafür erstellen sie Modelle und Baupläne und berechnen den Materialbedarf.

So ist kein Tag wie der andere – auch nicht für die Auszubildenden. „Von der Planung am PC über die Arbeit in der Werkhalle bis zum Aufbau auf der Baustelle durchlaufen Azubis bei uns alle Schritte – bis die Hütte steht“, erklärt Zimmerermeister Schlageter.

Die Ausbildung erfolgt dual im Wechsel zwischen Berufsschule und der Arbeit im Ausbildungsbetrieb. In der Regel dauert sie drei Jahre, wobei im ersten Jahr vor allem Grundlagen vermittelt werden und viel Zeit auf die Berufsschule entfällt. Kennt man dann die Baustoffe und kann mit Bleistift und Baumaschine gleichermaßen gut umgehen, wird man im weiteren Verlauf in die Fertigung von Bauteilen einbezogen und darf Aufbauten richten. „Vor allem das 3D-Zeichnen am PC macht mir Spaß“, berichtet Emilien Eveno, der im September sein zweites Ausbildungsjahr begonnen hat.

Sein Tipp: Über ein Praktikum oder die Arbeit als Bauhelfer erfährt man nicht nur, ob man sich eine Zukunft als Zimmerer vorstellen kann. Es kann auch helfen, einen Ausbildungsplatz zu bekommen. Mehr als der Schulabschluss zählt hierfür der Eindruck im persönlichen Gespräch – zumindest bei den Holzexperten von Grünspecht. „Ein fundiertes technisches Verständnis ist notwendig, um mit den Werkzeugen und Maschinen umzugehen. Und ein mathematisch-geometrisches Grundverständnis ist unerlässlich“, sagt Schlageter. „Auch Kreativität und räumliches Vorstellungsvermögen sind wichtig. Und natürlich anpacken können“, ergänzt Azubi Eveno.

Zimmerer werden – das wollten 2022 zuletzt wieder weniger junge Menschen als im Vorjahr. Dabei wird die Ausbildung im Vergleich zu anderen Gewerken besonders gut vergütet. Und nach der Ausbildung stehen viele Türen offen. Sie könne ein Sprungbrett in verschiedene Fachrichtungen sein, wie Timo Schlageter betont. So kann man sich beispielsweise zum Gebäudeenergieberater fortbilden lassen oder als Restaurator historische Holzkonstruktionen erhalten. Aber auch ein Studium der Architektur oder ein Ingenieursstudiengang sind Optionen. Für Emilien Eveno ist klar: Er will irgendwann den Meisterbrief in Händen halten.

Foto: © Sina Elbers