Gold und Glauben: Altartafeln kehren zurück Kultur | 11.11.2019 | Hans-Dieter Fronz

Basel feiert seit Jahresbeginn die Weihe des Münsters vor 1000 Jahren. Höhepunkt im Jubiläumsjahr ist die Ausstellung „Gold und Ruhm“ im Kunstmuseum – mit kostbaren Objekten wie der aus Paris angereisten Goldenen Altartafel.

Es war am 13. Oktober des Jahres 1019: die feierliche Weihe des Basler Münsters. Dass der deutsche Kaiser Heinrich II. den Anlass durch seine und die Anwesenheit seiner Gemahlin Kunigunde ehrte und zahlreiche kostbare Gaben in die Bischofsstadt am Rheinknie mitbrachte, bedeutete eine immense Aufwertung Basels. Ohne dieses epochale Ereignis wären viele Entwicklungen späterer Zeiten – man denke nur an das Konzil von Basel 1431 bis 1449 – nicht möglich gewesen. Mit einem Wort: Ohne diese Sternstunde wäre Basel heute nicht die Stadt, die sie ist.

Als Höhepunkt im Jubiläumsjahr erinnert die Ausstellung „Gold und Ruhm“ des Historischen Museums im Neubau des Kunstmuseums der Stadt an das Ereignis. Entstanden ist sie in Zusammenarbeit mit dem Pariser Musée de Cluny, dem französischen Nationalmuseum für die Epoche des Mittelalters. Der Grund für diese Kooperation ist, dass sich das kostbarste und wichtigste Exponat der Schau – die von Heinrich gestiftete goldene Altartafel aus dem Basler Münsterschatz – im Besitz des Pariser Museums befindet. Für die Dauer der Ausstellung hat sie nun den Weg nach Basel gefunden. Die zahlreichen weiteren Objekte aus den Zentren des frühmittelalterlichen ottonischen Reichs sind Leihgaben aus bedeutenden Museen in Europa und Übersee.

Indem sie die Basler Münsterweihe in den Kontext der politischen Situation im Jahre 1019 stellt, ist die Ausstellung zum einen eine Geschichtsschau. Abegleichzeitig ist sie auch und vor allem eine kulturhistorische Präsentation. Denn ihr Thema ist die wechselseitige Abhängigkeit und das daraus sich ableitende enge politische Bündnis von Herrscher und Kirche im frühen Mittelalter. Die Schau möchte aber auch ein umfassendes Bild der Lebenswelt am Rheinknie in jener Epoche entwerfen und diese Zeit mit archäologischen Funden wieder zum Leben erwecken.

Heinrich, der letzte der drei ottonischen Kaiser, wurde 1002 mit 25 Jahren zum deutschen König gewählt und zwölf Jahre später zum Kaiser gekrönt. Schon 1006 hatte er sich die bis dahin zum burgundischen Reich gehörende Grenzstadt Basel angeeignet. Gestützt auf den Basler Bischof Adalbero II., verleibte er sie seinem Reich ein.

Heinrich hatte einen hohen Kleriker als Erzieher gehabt. Das färbte auf seine Politik ab. Als Herrscher umgab er sich früh mit kirchlichen Beratern. Indem er sie strategisch im ganzen Reich als Bischöfe und Reichsäbte einsetzte, stärkte er seine Machtbasis.

Heinrich war ein „Reisekaiser“. In einem großen Tross zog er mit seinem Hofstaat 1019 nach Basel und nahm an der Seite von Kunigunde an der Münsterweihe teil. Von den kostbaren Gaben, die er nach Basel mitbrachte, sind heute lediglich die bereits erwähnte Altartafel sowie ein kostbares Reliquienkreuz – angeblich mit einem Splitter vom Kreuz Christi – erhalten.

Mit diesen Geschenken, die die Grundlage für den Basler Münsterschatz bildeten, festigte Heinrich die Bindung der Stadt an ihn. Dem Bischof verlieh er darüber hinaus zahlreiche Rechte und machte ihn zum mächtigsten Fürsten in der Region. Basel stieg dadurch zu einer Metropole auf, was sich im Bau einer Stadtmauer im elften Jahrhundert zeigte.

Kostbare Kreuze, edelsteinbesetzte Bucheinbände und wertvolle Handschriften sind zu sehen. Unter den zahlreichen Reliquiaren, das sind skulpturale Objekte, die als Gehäuse für Reliquien dienen, wird auch das mit Edelsteinen besetzte Reliquiar in der Form eines Fußes gezeigt. Dieses hat angeblich den Fußknochen eines beim Bethlehemitischen Kindermord getöteten Knaben enthalten. Ein zweischneidiges Schwert und Reitersporen aus der Frühzeit des Rittertums, Münzen mit Heinrichs Konterfei und zahlreiche weitere Exponate werfen Licht auf die Lebens- und Glaubenswelt um 1000 nach Christus. Zu den kunstvollsten Objekten zählt ein Elfenbein-Diptychon aus Trier, das auf die Zeit um 990 datiert wird. Auf der einen Tafel ist der Moment festgehalten, in dem Mose aus der Hand Gottes die Zehn Gebote empfängt. Auf der anderen sehen wir Christus und den ungläubigen Thomas dargestellt.

Die bereits erwähnte prächtige und kostbare Altartafel aber ist ein Meisterwerk mittelalterlicher Goldschmiedekunst. Sie zeigt in der Mitte Christus. Ihm zur Seite stehen die Erzengel Michael, Gabriel und Rafael – und Benedikt von Nursia, der Gründer des ersten Mönchsklosters. Zu Christi Füßen aber hat sich Heinrich mit seiner Gemahlin Kunigunde in demütiger Haltung verewigen lassen. Als einziger deutscher Kaiser wurde der fromme Heinrich später heiliggesprochen. In Basel aber entstand ein wahrer Kult um den Herrscher und seine Gemahlin, von dem noch heute mehrere Statuen Heinrichs, etwa im Münster oder in der Klarakirche, zeugen.

Foto: © Paderborn, Erzbischöfliches Diözesanmuseum und Domschatzkammer