„Wikicheck“: Schüler sagen Fake News den Kampf an f79 – das Jugendmagazin | 26.08.2020 | Julian Meinke

Fake News sind in aller Munde. Knapp sieben Prozent aller Tweets zwischen dem 20. Januar und dem 10. Februar waren laut Global Engagement Center der USA Falschmeldungen zum Coronavirus. Dem Thema haben sich sechs Schüler aus Freiburg beim bundesweiten YES!-Wettbewerbs gewidmet. Mit der Website „Wikicheck“ wollen sie gegen Falschmeldung vorgehen.

Die Idee

Das Konzept wirkt fast zu simpel, als dass es funktionieren könnte. Stoßen Nutzer im Internet auf suspekte Fakten, können sie diese bei „Wikicheck“ melden. Im zweiten Schritt schreiben freiwillige Mitarbeiter einen zugeschnittenen Faktencheck zur eingereichten Aussage, der auf zuverlässigen Quellen basiert. Schlussendlich verifizieren Wissenschaftler die Faktenchecks und geben sie mit oder ohne Kommentar auf der Website frei.

Durchgespielt haben die Schüler den Prozess schon. Ein Faktencheck hat dabei einige Stunden, „schlimmstenfalls einen Tag gedauert“, berichten sie. Echte Tests konnten die Freiburger aufgrund fehlender Kapazitäten bisher nicht machen. 

So überraschend es klingt, die Idee der sechs Freiburger scheint einmalig. „Ich hab viel recherchiert, aber das, was wir momentan entwickeln, gibt es in dieser Form nicht noch einmal“, sagt Projektleiter Niclas Dern. Andere Faktenchecker gebe es zwar, diese funktionierten aber anders. Dadurch, dass sie zu langsam und zu kompliziert wären, seien sie außerdem „nicht effizient genug“. Niclas hatte auch die Idee für die Website. Mit Moritz Herlyn bildet er das Informatik-Duo der Gruppe.

Kein Schaubild einer Staatsform: So soll das „Faktenchecken“ funktionieren

Das Team

Die sechs Schüler des Gothe- und Angell-Gymnasiums haben alles alleine auf die Beine gestellt. Philipp Hafkemeyer und Sarah Sommer kümmern sich darum, passende Wissenschaftler, Künstler und Firmen für ihr Projekt herauszusuchen und anzuwerben. Mara Pflugfelder arbeitet an Anreizen für die freiwilligen Mitarbeiter. Nele Gieseking widmet sich dem Design und dem Auftritt in den sozialen Medien. „Wir haben oft Zoom-Meetings gemacht und uns da abgesprochen“, erzählen sie. Gearbeitet habe danach jeder für sich an seiner Aufgabe. 

Die sechs Jugendlichen aus der Kursstufe, alle zwischen 16 und 18 Jahren alt, haben bisher 30 Forscher mit ins Boot geholt. „Sogar bis nach Oxford sind wir gekommen“, berichten sie stolz. Momentan liege ihr Fokus auf der Corona-Pandemie, weshalb die meisten Wissenschaftler Mediziner sind. Auch sonst sind die Kooperationen nennenswert. Das Team konnte nicht nur kleinere, private Geschäfte von sich überzeugen: Sie arbeiten zusammen mit dem freiburger Unternehmen blaueorange, Haufe-Lexware sowie der Sparkasse, die das Projekt mit dreistelligen Beträgen unterstützt.

Die Schüler arbeiten leidenschaftlich an ihrem Projekt weiter, obwohl sie im YES!-Wettbewerb bei den Regionalfinalen ausgeschieden sind. Seit den Osterferien investieren sie drei Tage die Woche in ihr Projekt. So wollen sie auch in den Ferien weitermachen. „Die richtige Arbeit kommt jetzt erst auf uns zu.“

Voraussichtliches Website-Design: Erinnert an Wikipedia und Co

Das Thema

„Fake News sind oft ziemlich laut“ und verdrängten so die tatsächlichen Fakten von der Bildfläche, ist die Gruppe überzeugt. Außerdem „akzeptieren Menschen Meldungen, die zu ihrem Standpunkt passen viel eher“. Selektiv werde Aussagen leichtfertiger Glaube geschenkt, die das eigene Weltbild stützen und in die eigene „Filterblase“ passten.

Das große Problem lösen, die Filterblasen und pauschal missgläubigen Menschen zu erreichen, dazu sehen auch die Schüler sich nicht imstande. Angepeilte Zielgruppen sind informierte, kritische Nutzer. Zur Verbreitung des Konzepts will sich das Team Accounts auf unterschiedlichen Plattformen aufbauen und mit verschiedensten Leuten zusammenarbeiten, um ihre Reichweite zu vergrößern. Im Gespräch stehen Künstler, Wissenschaftler und Medien. Mit etwas mehr Reichweite will das Team auch an die großen Fische, einflussreiche Influenzer.

Im Herbst soll das Projekt starten. Am Anfang erhoffe man sich zahlreiche Unterstützung von Gleichaltrigen ihrer Schule, aus Freiburg und Baden-Württemberg. Denn je mehr Freiwillige beteiligt sind, desto schneller könne man auf Falschfakten reagieren, und desto besser könne man ihre Verbreitung eindämmen.

Der Wettbewerb

Der Young Economic Summit, kurz YES! ist ein jährlicher bundesweiter Schulwettbewerb. Er soll eine Plattform für erarbeitete Lösungsstrategien ökonomischer, ökologischer und gesellschaftlicher Probleme bieten. Teilnehmen dürfen nur Gruppen aus mindestens fünf Schülern der zehnten bis zwölften Klasse mit einer Lehrkraft. In den Regionalfinals stellen die Schüler ihr Projekt vor und bewerten ihre und andere Projekte gegenseitig mit anderen Teilnehmern. Die besten Teams kommen eine Runde weiter ins Bundesfinale. Der erste Platz des Bundesfinales gewinnt 1000 Euro für seine Schule.

Der Wettbewerb wird vom Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft in Zusammenarbeit mit der Joachim Herz Stiftung und unter der Schirmherrschaft des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie veranstaltet.

Mehr dazu: www.young-economic-summit.org

Foto: © Julian Meinke