„Wir sind Vampire“: Die Seven Purple Tigers sind nachtaktiv Kultur | 02.09.2020 | Till Neumann

Seven Purple Tigers

Begegnet sind sich Austin Horn und Philip Dyszy vor fünf Jahren in Krakau. Seitdem arbeiten sie gemeinsam am großen Traum. Bei Contests haben sie ihr Potenzial unter Beweis gestellt. Jetzt ist das zweite Album der Indie-Rock-Band in Arbeit.

Der Proberaum der Seven Purple Tigers in Emmendingen liegt in einer ehemaligen Gaststätte. Um reinzukommen, muss man sich durch die Wäschekammer schlängeln. Drinnen stehen ein Drumset, Keyboards und eine Klappcouch. Die Atmosphäre ist schummrig.

Zum Interview sind die Frontmänner der Seven Purple Tigers vertreten: Austin Horn und Philip Dyszy. Sie wirken aufgeweckt, dabei fängt der Arbeitstag erst in drei Stunden an. „From six to six“, beschreibt Horn ihren Rhythmus. Die beiden werkeln am liebsten nachts. Da sind die Straßen leer, die Ideen sprießen. Horn gießt Kaffee ein.

In Freiburg machen die zwei mit ihren Kollegen Sebastian Heieck und Felix Schwer zusehends von sich reden. Im Februar gewannen sie den Nachwuchscontest „Rampe“ im Jazzhaus. Beim Fürstenberg Lokal Derby schafften sie es 2019 auf Platz zwei. Als Türöffner sehen sie solche Plattformen. „Sie bringen uns Bühnen und Bekanntheit“, sagt Dyszy.

Seven Purple Tigers

Fest entschlossen: Die Seven Purple Tigers wollen mit ihrer Musik hoch hinaus.

Im Gepäck haben sie ihr Debütalbum, das heißt wie die Band: Seven Purple Tigers. Der Name ist wie vieles kein Zufallsprodukt. Hunderte hat Dyszy sich vor dem ersten Release ausgedacht und getestet. Die sieben lila Tiger blieben hängen. „Man hat sofort Bilder im Kopf“, sagt der Gitarrist. So sollen auch ihre Konzerte sein: Entertainment bieten, ein Lebensgefühl vermitteln. Die Band sehen sie als Gesamtpaket, bei dem es um mehr geht als nur um Musik.

Ihre Platte haben sie 2019 veröffentlicht. Indierock mit feinen Melodien, nachdenklichen Texten und eingänglichen Gitarrenriffs. So wollen sie es nach oben schaffen. „Es kann immer zack machen“, sagt Horn und schnippst mit dem Finger. Jeden Tag kämen Bands aus dem Nichts. Zum Leben reicht es bei ihnen aber noch nicht. Nebenher jobben sie als Englischdozent, Pizzalieferant und Roadie.

Für viele bedeutete die Pandemie Stillstand. Bei den zwei Fricklern liefen die Songs nur so aus der Feder. Im Proberaum schrieben sie in den vergangenen Monaten ein ganzes Album. „Das war eine schwierige Zeit, eine unfassbare Zäsur für die Menschheit“, sagt Dyszy. „Als Band war das trotzdem ein ziemlich gutes Jahr.“ Ohne Ablenkung hätten sie an den Kompositionen feilen können. Eine einmalige Situation, die sie vorangebracht habe.

In Krakau schlägt der Funke über

Die Momente, die Songs live zu präsentieren, sind rar. Kürzlich spielten sie eine Streamshow bei ZMF On Air. „Wir wollten das Maximale rausholen“, sagt Horn. Dafür luden sie einen Saxofonisten und drei Back­groundsängerinnen ein. Mit dem Ergebnis sind sie zufrieden. Online- Konzerte kommen den zwei Viel­gereisten gar nicht ungelegen. Die YouTube-Übertragung ermögliche, dass auch viele Freunde im Ausland zuschauen konnten. Im Nachhinein ein kostenloses Livevideo zu haben, sei sogar ein großer Vorteil.

Begegnet sind sie sich 2015 in Polen. Beide waren für ein Auslandsstudium in Krakau. Im Proberaum einer Uni-Band spielte Dyszy Led Zeppelin, als Horn plötzlich das Mikro nahm. „Krasse Stimme“, sagt sich Dyszy. Der Funke schlug über. In einem halben Jahr schrieben sie 30 Songs. Dann ging es zurück in die Heimat. Horn in die USA, Dyszy nach Freiburg. Ihre Ansage: Wer zuerst das Studium abschließt, kommt zum anderen.

Seven Purple Tigers

Die neuen Songs klingen eingängiger und zugleich komlexer.

So gesagt, so getan. Horn zog 2017 in den Breisgau. Als Boheme sehen sie sich. Freigeister, die für ihre Kunst leben. Beste Freunde sind die WG- Mitbewohner obendrein. Die gemein- same Vision schweißt zusammen. Bis tief in die Nacht: „Eigentlich sind wir totale Vampire“, sagt Dyszy. Am besten arbeiten sie im Geheimen, wenn die Sonne untergeht.

In die neuen Stücke setzen sie viel Hoffnung: „Sie klingen eingängiger und zugleich komplexer, intensiver und moderner“, sagen die zwei Musiker. Präsentieren würden sie die Tracks am liebsten im Madison Square Garden. Warum dort? „Da haben alle unsere Lieblingsbands gespielt“, sagt Dyszy. Die Stones oder Led Zeppelin. Der Weg auf die ganz großen Bühnen scheint noch weit. Doch der Glaube, es zu schaffen, ist groß. „Kurz vor dem Sprung“ sehen sie sich. Am Selbstbewusstsein dürfte es nicht scheitern.

Fotos: © René Thoma