Kolumne Nachgewürzt: Florian Schroeder über Gender Reveal Partys Kultur | 01.09.2021 | Florian Schroeder

Florian Schroeder

Gute Nachrichten für alle, die noch nicht genügend Anlass zu Partys haben dieser Tage: Jetzt startet der neueste amerikanische Traditionsimport auch bei uns voll durch: Die Gender Reveal Party! Bevor Sie jetzt erschrocken sind und denken, jetzt kommt wieder eine Sternchen-Doppelpunkt-Gendergestotter-Zwangsimpfung dagegen, dass man so sprechen darf, wie einem das Maul gewachsen ist: Nein, es ist der Anti-Gendertrend.

Eine Gender Reveal Party (GRP) ist die Party, bei der das Geschlecht des ungeborenen Lebens enthüllt wird. Das ist der DIA-Vortrag des Neo-Biedermeiers – da werden gaaanz viele Ultraschall-Bilder an die Wand geworfen. Daaaa sieht man’s schon, sagen dann die werdenden Eltern. Und alle anderen denken sich: Ich seh gar nix, ich hab schon zu viel Rotkäppchen drin. GRPs sind die Renaissance des Geschlechts, das dann doch später gar keine Rolle spielen soll und worüber das Kind dann selbst entscheiden soll.

Entstanden ist das Ganze mit dem Gender Reveal Cake. Um Freunden mitzuteilen, welches Geschlecht der Nachwuchs hat, schnitten Eltern einen Kuchen an: Wenn die Füllung blau war, wurde es ein Junge, bei rosa ein Mädchen. Das postet man dann auf Instagram und YouTube. Willkommen im Jahr 1951. Die GRP ist mit viel Klimbim und Krachbumm verbunden. Da wird das Geschlecht auch mal mit Hilfe von Sprengstoff gelüftet, der blaue oder rosa Rauchwolken aufsteigen lassen kann. Und die Erde erbeben. Oder Flächenbrände auslösen. Es gibt Gerüchte, dass auch die Flutkatastrophe im Erftkreis Ergebnis einer solchen Party war. Geschlecht männlich, vermutlich, der Spur der Verwüstung nach zu urteilen.

In Kalifornien hat ein Paar mit seiner GRP gleich 90 Quadratkilometer Wald abgefackelt. Das stieß allenthalben auf Empörung. Klar, wenn die einen so egoistisch sind, bleibt für andere nicht mehr genug zum Abfackeln übrig. Es heißt doch immer „menschengemachter Klimawandel“, da sollte der Mensch schon ein bisschen was aktiv beitragen, oder? 20 Jahre später zeigen die Väter dann ihren Söhnen Fotos und sagen: Diesen Wald habe ich dir zu Ehren in Asche gelegt. Und die Kinder sagen gerührt: Ach, das wäre doch nicht nötig gewesen. Ihr hättet doch auch einfach ein paar Tonnen Altöl in den Fluss schütten können! Das hätte es doch auch getan.

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