„Wir sind verzweifelt“: Klimaaktivisten besetzen Freiburger Hörsaal Hochschule | 21.06.2022 | Pascal Lienhard

Besetzung Hörsaal

Wer aktuell den Hörsaal 1010 im Kollegiengebäude I der Universität Freiburg betritt, den erwartet ein ungewohntes Bild. In den Ecken liegen Schlafsäcke, Isomatten und Snacks. Am Eingang zu dem Raum prangt ein Plakat: „Der Hörsaal ist besetzt“.

Mit ihrer Besetzung möchte die neugegründete Gruppe „Transformations-Uni 2.0“ unter anderem die Ausrufung des sozial-ökologischen Notstands durch die Universität erzwingen. Gleichzeitig soll die Institution an die deutsche Bundesregierung appellieren, dasselbe zu tun und an die internationale Staatengesellschaft appellieren, das Pariser Klimaabkommen zu einem Klimavertrag weiterzuentwickeln.

Der Besetzung war am gestrigen Montag ein Vortrag des Klimaforschers Volker Quaschning von der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin vorausgegangen. „Einige Personen haben spontan an der von uns organisierten Besetzung teilgenommen und die Nacht im Hörsaal verbracht, dafür sind wir dankbar“, erklärt Leonie Z.  (Name gekürzt) von „Transformations-Uni 2.0“. Rund 65 Personen hätten die Nacht im Hörsaal verbracht.

Die Universität zeigt sich gesprächsbereit. Noch in der Nacht von Montag auf Dienstag fand eine spontane Podiumsdiskussion zwischen Besetzer·innen und drei Rektoratsmitgliedern statt. Auch am Dienstag wurde ein Austausch initiiert.

Besetzter Hörsaal

Dieses Banner prangt aktuell vor einem Hörsaal im KG I.

„Das inhaltliche Anliegen der Gruppe, den Klimaschutz und die Bekämpfung von ökologischen und sozialen Krisen, unterstützt die Universität Freiburg sehr“, sagt Universitätssprecher Bastian Strauch. Die Uni sei sowohl in Forschung und Lehre als auch als Institution selbst sehr aktiv, um nachhaltige Entwicklung und Klimaschutz voranzubringen.

Doch das ist den Aktivist·innen nicht genug. Nach deren Meinung müsse sich die Universität klar zur sozial-ökologischen Transformation bekennen, den sozial-ökologischen Notstand ausrufen sowie Lehre und Außenkommunikation nach den notwendigen Handlungsmaximen eines solchen Notstandes ausrichten.

„Wir stehen vor einem sozialen und ökologischen Kollaps“, sagt Leonie. „Wir sind verzweifelt.“ Strauch verweist darauf, dass sich die Aktion in erster Linie an die Politik richte, man die Studierenden aber in dieser thematischen Angelegenheit nach Kräften unterstützen werde.

Der Lehrbetrieb sei aktuell kaum beeinträchtigt. „Es gelingt uns, alle in diesem Raum stattfindenden Veranstaltungen in andere Räume zu verlegen“, erklärt Strauch. Die Universität setze darauf, dass der konstruktive Dialog weitergeführt werden kann und die Besetzung nicht lange fortgesetzt wird. Leonie findet deutliche Worte: „Wir bleiben so lange, bis wir von der Universität eine angemessene Reaktion bekommen.“

Fotos: © Pascal Lienhard