Schadenreguliererin braucht Fingerspitzengefühl Ausbildung & Arbeit | 05.11.2022 | Katja Wallrafen (dpa)/BZ

Schadenreguliererin Katja Burglin

Die Bilder der Schäden, die nach der Flut im Ahrtal 2021 entstanden sind, haben viele noch vor Augen. Wann immer es darum geht, Leistungsansprüche von Versicherten zu prüfen, sind Schadenregulierer im Einsatz.

Was im ersten Moment abstrakt klingt, bekommt durch Katja Burglin ein Gesicht. Im Job-Protokoll erzählt die 39-Jährige, warum sie sich als Schadenreguliererin nicht nur mit Richtlinien und Gesetzen auskennt, sondern auch Erklärerin, Zuhörerin und Trösterin ist.

„Ich habe Versicherungskauffrau gelernt und nach meinem Abschluss nebenberuflich BWL studiert. Das Studium ist für den Job nicht notwendig. Es werden auch Quereinsteiger eingesetzt. In der Regel aber haben die Schadenregulierer eine kaufmännische Versicherungsausbildung.

Ich kümmere mich als Schadenreguliererin bei der Axa-Versicherung um ein Gebiet in Thüringen und West-Sachsen. Ich bearbeite Schadensfälle, bei denen der Sachverhalt nicht eindeutig ist, entscheide über Leistungsansprüche, berechne Versicherungsleistungen und weise Zahlungen an.

Viele Sachlagen kläre ich vor Ort im Kontakt mit den Kunden. Zur Schadensaufnahme nutze ich ein Tablet. Für meine Arbeit am Computer muss ich mit fachspezifischer Software umgehen können. Außerdem müssen wir viele Gesetze, Richtlinien sowie Handbücher und interne Arbeitsanweisungen kennen und beachten. Ich mag es, dass ich morgens nicht immer weiß, was mich erwartet. Jeder Schadenfall entwickelt sich anders. Oft fahre ich zu den Kunden, schaue mich vor Ort um. Ich führe Gespräche, bekomme Einblick in diverse Lebenssituationen. Es gibt natürlich ähnliche Abläufe und wiederkehrende Arbeitsblöcke. Mir gefällt, dass ich mir den Tag so organisieren kann, wie ich will. An Bürotagen erledige ich viele organisatorische Dinge und verfasse Mails. Ich genieße es aber auch, wenn ich im Auto zu den Kunden unterwegs bin.

Empathie und ein Gespür für Menschen sind wichtig. Man sollte sich mit Versicherungsverträgen auskennen, Bedingungen lesen und anwenden können sowie einen Sinn für rechtliche Sachverhalte haben. Auch eine gewisse Offenheit für neue technische Entwicklungen und permanente Veränderungen ist von Vorteil. Wer flexibel und gleichzeitig strukturiert arbeiten kann, bringt gute Voraussetzungen für diesen Beruf mit. Auch ein Führerschein ist wichtig.

Wir können Menschen in Ausnahmesituationen helfen. Die sind nicht immer so extrem wie beim Hochwasser im Ahrtal. Aber wir haben häufig mit Menschen in emotionalen Situationen zu tun. Hier signalisieren zu können, dass der finanzielle Schaden abgesichert ist, ist natürlich ein gutes Gefühl. Was mir gefällt ist, dass durch mich ein abstraktes, unsichtbares Produkt ein Gesicht bekommt. Und schön ist, wenn man am Ende ein Danke hört. Als Schadenreguliererin bin ich vieles: Erklärerin, Zuhörerin, auch Seelsorgerin und Trösterin.

Ich habe mit Emotionen zu tun, das kann belasten. Ich spüre Mitleid mit verzweifelten Menschen, die weinen, wenn ihr Haus zum Beispiel durch einen Wasserschaden unbewohnbar geworden ist. Oder wenn durch ein Feuer alles vernichtet wurde, etwa liebgewordene Erinnerungen.

Zu den weniger schönen Seiten des Berufes gehört, Menschen sagen zu müssen, wenn etwas durch die Versicherung nicht abgedeckt ist. Da geht es manchmal um Details, etwa eine nicht mitversicherte Garage. Wir haben in den meisten Fällen mit ehrlichen Kunden zu tun. Aber es kommt auch Versicherungsbetrug vor, und das ist kein Kavaliersdelikt. Ich achte darauf, ob eine Schilderung schlüssig ist. Aber ich bin keine Detektivin, ich kläre einen Sachverhalt.“

Info

Gehaltsaussichten
Für die Angestellten der Versicherungsbranche gibt es Tarifverträge. Abhängig von der Art  der Tätigkeit, der jeweiligen Berufserfahrung, den Fähigkeiten und Entscheidungsbefugnissen kann die monatliche Bruttovergütung entsprechend variieren zwischen rund 2800 Euro und circa 5400 Euro.

Foto: © Alkexander Prautzsch (dpa)