Doppelt gemoppelt: Ausbildung oder Abitur? Pascal Brungs verbindet beides Ausbildung & Arbeit | 27.03.2023 | Sabine Meuter (dpa)/BZ

Tattoowierter Mann beim Paket verpacken

Eine Ausbildung beginnen oder weiter zur Schule gehen und das Abitur machen? Eine Frage, die sich nach der Mittleren Reife viele junge Leute stellen. Pascal Brungs macht beides.

Der 22-Jährige absolviert eine dreijährige Ausbildung zur Fachkraft für Lagerlogistik bei der Firma Gilog in Frechen und will parallel dazu die Fachhochschulreife erwerben – nach der Arbeit steht noch einmal Lernen auf dem Programm. „Klar, das ist manchmal anstrengend“, sagt Brungs. Doch dieser zeitliche Aufwand wird sich eines Tages bezahlt machen, davon ist er überzeugt: „Mit der Doppelqualifikation verschaffe ich mir ein gutes Sprungbrett, um eines Tages auf der Karriereleiter möglichst weit oben zu landen.“

Gesellenabschluss plus Abitur oder Fachhochschulreife – nach Angaben des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) ist das derzeit in neun Bundesländern möglich; Baden-Württemberg ist darunter. Das „BerufsAbitur“, das der ZDH gemeinsam mit der Kultusministerkonferenz ins Leben gerufen hat, existiert seit dem Schuljahr 2017/2018.

Aber nicht nur im Handwerk kann die Doppelqualifikation für junge Leute eine Option sein, sondern auch in der Industrie und im Handel. Aus Sicht von Carsten Berg, Leiter Ausbildung der Industrie- und Handelskammer in Köln, bietet das Modell einen großen Vorteil: „Den beruflichen Abschluss, den man erwirbt, kann einem keiner nehmen.“ Wer mit der erworbenen Fach- oder allgemeinen Hochschulreife zur FH oder Uni geht und feststellt, dass ein Studium doch nicht das Richtige ist, hat zumindest eine abgeschlossene Ausbildung. „Man kann dann in dem erlernten Beruf arbeiten und muss im Berufsleben nicht bei null anfangen.“

Während der Ausbildung ist der Besuch der Berufsschule obligatorisch. Pro Woche kommen noch drei Stunden Schulunterricht für alle, die ein Fachabitur oder Abitur anstreben, hinzu. Im Zusatzunterricht geht es darum, tiefergehende Kenntnisse in Mathe, Deutsch, Englisch oder Biologie zu erwerben. Auch zu Hause steht Lernen an. „Oft mache ich das mit Kollegen, dann helfen und motivieren wir uns gegenseitig“, so Brungs.

Das Engagement, das die jungen Leute im Bemühen um eine Doppelqualifikation zeigen, kommt bei Arbeitgebern „enorm gut an“, sagt Berg. Wer neben der Ausbildung einen höheren Schulabschluss gemacht hat, habe in Bewerbungsgesprächen einen dicken Pluspunkt: „Weil man damit echte Leistungsbereitschaft zeigt.“ Solche hoch motivierten Beschäftigten wollen viele Unternehmen halten. Deshalb haben sie nach erfolgreichem Abschluss oft die Option auf eine Tätigkeit als Fachkraft in der Firma. Und wer ein Studium aufnimmt, bleibe dem Ausbildungsbetrieb oft als Mitarbeitender oder Werkstudierender erhalten. „Daraus kann sich dann eines Tages ergeben, nach einem Studienabschluss zum Beispiel als Führungskraft in dem Ausbildungsbetrieb von einst aufzusteigen“, so Berg.

Pascal Brungs kann sich später ein duales Studium gut vorstellen. Denkbar wäre für ihn, dass er sich beispielsweise für das Studienfach Logistik einschreibt und daneben praktische Berufserfahrungen im Unternehmen sammelt. Doch erst einmal muss er seine Ausbildung erfolgreich abschließen und zugleich ein gutes Fachabitur schaffen. Dafür lernt er unter der Woche abends viel. „Aber am Wochenende habe ich komplett frei und kann ausschlafen und mich mit meinen Freunden treffen.“ Es sei denn, in der kommenden Woche stehe eine Klausur an, dann setzt er sich auch samstags und sonntags zwei Stunden hin.

Eine Ausbildung absolvieren und sich gleichzeitig auf das Abitur vorbereiten: „Die drei Jahre sind beruflich fordernd, aber es ist machbar“, fasst Berg zusammen. Schade findet er, dass dieses Doppelqualifikationsmodell noch nicht sehr bekannt sei. Schließlich profitierten Arbeitgeber, die händeringend Fachkräfte suchen, ebenso davon wie junge Erwachsene, denen mit der Doppelqualifikation viele Türen offen stehen.

Foto: © Henning Kaiser (dpa)