Kinostart: Rauschende Endlosparty im "Café Belgica" Kinonews | 23.06.2016

Es ist eine Geschichte, die das Leben hätte schreiben können: Zwei Männer, die außer ihren Eltern keine Gemeinsamkeiten haben, kommen nach einer langen Phase getrennter Wege zusammen, erinnern sich ihrer Familienbande, versuchen es miteinander – und scheitern. Eine fast banale Geschichte, von der man, würde sie im Leben passieren, dennoch sagen könnte, sie sei wie ein Film.
 

 
Der Film, den Felix van Groeningen aus diesem Stoff gemacht hat, ist denn auch alles andere als banal. Und das liegt nicht nur am treibenden Sound-track und dem Nachtleben-Milieu, in dem er die Story ansiedelt. Sondern insbesondere daran, wie die Darsteller der beiden unterschiedlichen Brüder Jo und Frank zunächst mit- und dann gegeneinander agieren und dabei die Schmerzgrenze, auf die sie sich hinbewegen, fast physisch spürbar machen. So erzeugen sie ein ungeheures Spannungsfeld, das durch die tempo- und musikreiche Inszenierung der Handlung noch verstärkt wird.
 
Die Handlung ist auch immer erkennbar, obwohl der Film über weite Strecken wie eine laute und magische Endlos-Party wirkt, die irgendwann sämtliche Rahmen sprengt. Und sie beginnt eben ganz banal: Der eher schüchterne und nicht gerade risikofreudige Jo betreibt die leicht heruntergekommene Live-Musikkneipe „Café Belgica“ – mit mäßigem Erfolg: Ein Stammpublikum sorgt für Einnahmen, mit denen er gerade so über die Runden kommt. Und die eine oder andere Besucherin sorgt gelegentlich für ein wenig Zweisamkeit in Jos ansonsten einsamen Nächten. Zu einer wirklichen Beziehung kommt er nicht – und auch nicht zu dem Geld, das er bräuchte, um die anderen Räume des Hauses nutzbar zu machen.
 

 
Doch dann taucht Frank auf, der ältere und ausgesprochen begeisterungsfähige Bruder, der schon einige Projekte ins Leben gerufen – und in den Sand gesetzt hat. Er wittert das große Geschäft, ist nicht mehr zu bremsen: Über vielfältige Beziehungen sorgt er bald für neue Gäste, neue Musik, neue Konzepte, neue Räume. Und wird selbst zum neuen, ideensprühenden Motor des Betriebs, der umgehend zur angesagtesten Location für das feierwütige Partyvolk der ganzen Stadt wird.
 
Der Erfolg des Café Belgica ist schwindelerregend; in durchtanzten und durchzechten Nächten ist alles zu haben: die abgefahrensten Sounds, die coolsten Cocktails, die berauschendsten Drogen, der wildeste Sex, die mitreißendsten Räusche. Aber auch die übelsten Abstürze, die schlimmsten Kater, die gnadenloseste Gewalt. Und die Selbstzerfleischung der Brüder, die handfeste Bauchlandung in der Realität.
 
Ein Film wie ein Rausch, der die Zuschauer in seinen Bann treibt.
 
Text: Erika Weisser / Fotos: © Pandora Film