Die Biberflüsterin Bettina Sättele im Interview STADTGEPLAUDER | 08.05.2016

Er unterhöhlt Radwege, überschwemmt Straßen oder gräbt in Getreidefeldern: Der Biber ist nicht immer ein gern gesehener Besucher. Wo Tier und Mensch aufeinandertreffen, vermittelt die selbstständige Biologin Bettina Sättele. Seit 2003 ist sie die Biberbeauftragte des Freiburger Regierungspräsidiums. Lange Zeit galt der Biber in Baden-Württemberg als ausgestorben, mittlerweile kehrt der Nager wieder in seine angestammten Lebensräume zurück. Sättele schätzt seine Zahl auf rund 4000 allein im Regierungsbezirk – und es werden immer mehr. Für die 51-Jährige heißt das: Dauereinsatz im Dienste des Bibers.
 

 
„Seit letztem Sommer bin ich ständig unterwegs, denn durch die extreme Wasserknappheit müssen die Biber viel mehr stauen, um an ihr Wasser zu kommen. Und meine Arbeit wird in nächster Zeit auch nicht weniger: Jetzt im Frühjahr kommen die Jungen zur Welt, und die Jungtiere machen sich dann auf die Suche nach einem eigenen Revier.
 
Ich habe mich vor vielen Jahren auf Biber spezialisiert und berate nun, wie man mit ihnen langfristig umgehen kann. Denn die Tiere greifen in die Landwirtschaft ein, in den Forst, ins Gewässer und in den Naturschutz. Dabei richten sie auch Schäden an. Sie schaffen in relativ kurzer Zeit Wildnis, und das ist meist nicht gern gesehen – vor allem, da sie immer mehr in besiedelte Gebiete vordringen: Mittlerweile kann es schon sein, dass man mal einen Biber am Dorfbach sieht.
 
Und der Mensch greift auch in den Biberlebensraum ein: An den Ufern haben wir heute keine Auen mehr, sondern Spazierwege oder landwirtschaftliche Flächen. Gerade war ich in Bad Dürrheim an der Kötach, wo ein Biber in einen Radweg reingegraben hat. Da ist es keine Lösung, alle Dämme abzureißen und den Biber zu vergrämen, dann kommt nach kurzer Zeit der nächste wieder nach. Man muss Gebiete anlegen, wo er bleiben kann. Deshalb habe ich nun einen Abschnitt am Bach ausgesucht, wo er ausreichend Nahrungsquellen hat. Gleich fahre ich dort nochmal hin und grabe Gitter ein, damit er nicht mehr an den Radweg kommt.
 
Radikale Lösungen lehne ich allgemein ab: Wir sollten uns mit dem Biber arrangieren. Oft wird er nur als Ärgernis gesehen, dabei ist er ein wahrer Naturschützer. Er versucht, durch seine Stauaktivitäten die Gewässer zu erhalten und bringt die bachbegleitende Aue zurück. Er schafft neue Tümpel und Wasserflächen und so auf kleiner Fläche sowohl flache als auch tiefe Bereiche, von denen andere Tiere profitieren.
 
Eine Lösung lässt sich immer finden, aber alle Interessen unter einen Hut zu bringen, ist schon eine sehr komplexe Aufgabe – der Biber ist von allen Beteiligten meist noch der unkomplizierteste. Als Biberbeauftragte bin ich täglich unterwegs – von Konstanz bis in die Rheinebene – und packe mit Gummistiefeln und Hacke ausgerüstet direkt im Gelände an. Trotzdem verbringe ich auch viel Zeit am Schreibtisch: Ohne Bürokratie geht’s eben auch beim Biber nicht.“
 
Aufgezeichneten Tanja Bruckert / Foto: Felix Held (Badische Zeitung)