Wirbel um Innenstadtbarometer STADTGEPLAUDER | 24.07.2016

Bei der vielstimmigen Kritik der Freiburger Innenstadthändler sind die Stimmbänder jetzt leicht angekratzt. Denn das von der Freiburg Wirtschaft Touristik und Messe GmbH (FWTM) beauftragte Innenstadt-Barometer hat ergeben, dass die Kunden durchaus zufrieden sind. Die Händler wundern sich nun, weil sie selbst die Rahmenbedingungen für erfolgreiche Geschäfte schlechtgeredet hatten. Beim Handelsverband Südbaden, so ist zu hören, kann die von der Stuttgarter Beratungsfirma Cima für 46.500 Euro erstellte, 150 Seiten starke Studie allenfalls ein Anfang sein. Und das ist sie auch.

Cima hatte 80 Fragebögen von Handeltreibenden und 600 Passantengespräche ausgewertet. Demnach ist die Freiburger City alles andere als ein Sorgenkind: Die Läden sind modern, die 600 Händler erwirtschaften 830 Million Euro Umsatz – was vergleichsweise viel sei –, die City ist sehr gut mit dem ÖPNV zu erreichen, fußgängerfreundlich, hat ein gutes Erscheinungsbild und Warenangebot – und Freiburg überhaupt ein gutes Image.
Doch die Händler beklagen weiter Sicherheitsmängel, verdreckte Ecken und zu wenig Kundenfrequenz. Einig sind sich Kunden und Händler nur beim Thema Auto: Die schlechtesten Schulnoten (3,2 und 3,4 bei den Kunden, 4,2 und 4 bei den Händlern) verdiente sich Freiburg in der Kategorie Erreichbarkeit und Parkmöglichkeiten im Stadtzentrum.

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Schon lange fordert etwa der Handelsverband deswegen ein neues Parkhaus, idealerweise an der Johanneskirche. Das findet auch FWTM-Geschäftsführer Bernd Dallmann wünschenswert. Das grüne Rathaus schüttelt dazu indes weiter den Kopf.
Keineswegs einig sind sich in Freiburg auch die Politik und Händler – beim Zankapfel verkaufsoffener Sonntag. Auch für den will sich Dallmann einsetzen. Gegen einen solchen stand aber bislang die Mehrheit im Gemeinderat sicher.
Im Gespräch mit dem business im Breisgau kündigt der Wirtschaftsförderer an, fortan etwa alle zwei Jahre eine neue Studie erstellen zu lassen: „Wir müssen die Veränderungen messen, nur dann haben wir eine Grundlage für gute Entscheidungen.“ Eigentlich sollte die Studie aus der Bettensteuer finanziert werden, nach einer Kaskade von juristischen Urteilen und Anfechtungen liegt die Frage der Rechtmäßigkeit mittlerweile beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Also schoss die FWTM die Kosten vor und hofft, diese nach einem positiven Urteil für die Stadt wiederzubekommen.
Bislang untergangen, aber sehr wichtig, so Dallmann, sei die Erkenntnis, dass die Innenstadt räumlich nicht weiter wachsen muss, um attraktiv zu sein. „Was wir brauchen, sind immer wieder bauliche Veränderungen innerhalb der Innenstadt, aber keine größere.“
Der Neubau der Volksbank-Zentrale etwa würde neue, attraktive Einzelhandelsflächen bringen. Gebäude wie das mit dem Westhoff Kaffee in der Eisenstraße seien indes „eine Schande“. Mehr Attraktivität vertrüge auch das Haus der BW-Bank am Münsterplatz. „Das Publikum will auch bauliche Attraktionen.“ Eine Neuordnung des Areals rund um die Hauptpost zwischen Eisenbahn- und Bertoldstraße wäre wünschenswert. Auch die Karlskaserne am Siegesdenkmal müsste nach dem Auszug des Amts für Kinder, Jugend und Familie teilweise für Einzelhandel genutzt werden.
Die Kritik der Händler wird derweil nicht aufhören. Es sei denn, sie verlassen die Stadt. Genau das macht die Inhaberin von „Jump“ in der Universitätsstraße. Sie, die die Zustände in der City vor zwei Jahren mit der „Wir“-Initiative lautstark in die Öffentlichkeit gebracht hatte, will ihren Laden Ende des Jahres zumachen. In Kirchzarten liefen die Geschäfte besser.

Text: Lars Bargmann, Foto: privat