Schwäbisch als Weltsprache: Trumpf-Chefin zu Gast beim wvib STADTGEPLAUDER | 27.11.2016

 
Es war ein Heimspiel für Nicola Leibinger-Kammüller, die Vorsitzende der Geschäftsführung des Maschinenbauers Trumpf GmbH + Co. KG, die neulich die elfte Ausgabe der Reihe „wvib im Dialog“ des Wirtschaftsverbands Industrieller Unternehmen Baden in der Uni Freiburg bestritt.
 

Leibinger-Kammüler: Über Erfolge sprechen.

Leibinger-Kammüler: Über Erfolge sprechen.


 
Leibinger-Kammüller hat in Freiburg, Zürich und Vermont Germanistik, Anglistik und Japanologie studiert. Lächelnd erzählt sie, dass ihr Vater und Vorgänger in der Chefrolle, Berthold Leibinger, immer gemeint hatte, dass jeder Deutsche Deutsch können müsse und jeder aus einer Unternehmerfamilie Englisch – mithin die Fächer Germanistik und Anglistik keine echten Herausforderungen darstellten. Da Leibinger Senior sowohl geschäftliche als auch kulturelle Interessen im asiatischen Raum hatte, musste es dann noch Japanologie sein, „um zu zeigen, dass ich mich durchbeißen kann“.
 
Das kann sie: Nach den Verwerfungen der Finanz- und Wirtschaftskrise gelang es ihr ohne Entlassungen, den Maschinenbaukonzern, zu dem der Freiburger Generatorenbauer Hüttinger zählt, nicht nur zu stabilisieren, sondern auf Erfolgskurs zu bringen: „Uns geht es so gut wie seit Jahren nicht mehr.“
 
Zu Beginn ihres Vortrages sagte sie, dass die meisten Reden zu lang sind und so schoss sie, teils in charmantem Schwäbisch, in nur 20 Minuten ihre Thesen auf die Zuhörer ab: Sie forderte Anpassungsfähigkeit sowohl in technologischer wie gesellschaftlicher Hinsicht, die Veränderung sei heute der Normalfall, vor der man keine Angst haben solle.
 
Man müsse sich auf den globalen Wandel einstellen – die nächste Großaufgabe sei Industrie 4.0, die digitale Vernetzung, der Abbau von Schnittstellen in der Produktion. Das ermögliche eine Kostensenkung von 20 bis 30 Prozent bei gleicher Belegschaftsstärke – vorausgesetzt, es gebe gleichzeitig Umsatzwachstum.
 
Gruppenbild mit Dame: Gunther Neuhaus, Vize-Unirektor, wvib-Präsident Klaus Endress und wvib-Geschäftsführer Christoph Münzer umrahmen die Unternehmerin.

Gruppenbild mit Dame: Gunther Neuhaus, Vize-Unirektor, wvib-Präsident Klaus Endress und wvib-Geschäftsführer Christoph Münzer umrahmen die Unternehmerin.


 
Trotz ihres Wachstumsglaubens räumte Leibinger-Kammüller ein, dass gerade Wachstum auch Unbehagen auslöse. Hier würden gesellschaftliche Sichtweisen immer wichtiger – als Negativ-Beispiel nannte sie TTIP und CETA: Die sich hier ergebenden Chancen und Perspektiven seien abstrakt, die geschürten Ängste real. Da Unternehmer ein schlechtes Image hätten, sähen viele die Kostensenkung, die ein Freihandelsabkommen den Betrieben bringen könne, als Profit der Konzerne an. Negativ dazu habe beigetragen, dass die Verhandlungen mit einem Geheimnisschleier umgeben worden seien und die Öffentlichkeit nur unzureichend informiert wurde. Information sei aber wichtig: Bei Trumpf würden die Mitarbeiter einmal im Monat über alle Betriebskennzahlen unterrichtet.
 
Mittelständler sollten lernen, zu sprechen, ihre Erfolge und Vorzüge darzustellen: man könne schneller reagieren, man denke langfristig und scheue extreme Risiken, man wolle ja auch der nächsten und übernächsten Generation ein gesundes Unternehmen übergeben.
 
Ein starkes Familienunternehmen braucht eine starke Unternehmerfamilie. Deren Fortbestand und Einigkeit sei die Grundlage für die unternehmerische Vision und Strategie. Wer auf den Weltmärkten reüssieren wolle, brauche Zusammenhalt und klare Pläne für die Zukunft. Ein Unternehmen müsse auf vier Punkte achten: beste Produkte, beste Mitarbeiter, beste Motivation und Freude an der Entwicklung. Das bedeute, Mitarbeiter auch „mal machen lassen“ und sie gut zu bezahlen. Die Trumpf GmbH + Co. KG erzielte im vergangenen Geschäftsjahr mit weltweit knapp 11.200 Beschäftigten 2,8 Milliarden Euro Umsatz. Das sind zwar 3,4 Prozent mehr als im Vorjahr, liegt allerdings trotzdem noch unter den eigenen Erwartungen.
 
Text: Stefan Pawellek / Fotos: © wvib