Fondation Beyeler zeigt Wolfgang Tillmans umfassenden Bild-Kosmos Kultur | 14.06.2017

Zu ihrem 20. Geburtstag hat sich die Fondation Beyeler in Riehen ein ganz besonderes Geschenk gemacht: Erstmals in ihrer Geschichte widmet sie sich der Fotografie – und hat dafür keinen geringeren als einen der populärsten deutschen Gegenwartskünstler eingeladen. Wolfgang Tillmans gilt als Weltstar der Fotografie. Die Ausstellung zeigt nun mit 200 seiner Fotos von 1986 bis 2017, wie groß die Bild-Welt dieses Künstlers ist.

Dass Tillmans der erste Vertreter seines Mediums ist, den die Fondation einlädt, passt. Schließlich soll die Ausstellung zeigen, dass in seinem Werk nicht die Fotografie im klassischen Sinn im Vordergrund steht, sondern das Schaffen einer neuen Bildsprache.

Bekannt wurde der heute 48-Jährige Anfang der 90er. Damals selbst Teil der Technoszene, machte er Bilder, die das Lebensgefühl der damaligen Jugendkultur zum Ausdruck brachten: Fotos von Tanzenden, Porträts von Freunden und Musikern, Bilder von Liebe und Sexualität. Zur selben Zeit entstanden aber auch stilllebenartige Bilder, etwa von verlassenen Partyräumen oder einem Fenstersims mit ein paar Gegenständen darauf.

Tillmans schenkt dabei Nebensäch­lichem die gleiche Aufmerksamkeit wie Offensichtlichem. „Die Faszination, im scheinbar Offensichtlichen unvermutet Ungesehenes zu entdecken und sichtbar zu machen, wird für Tillmans zur treibenden Kraft, zum entscheidenden Impuls, Bilder zu machen“, beschreibt Theodora Visher, Kuratorin der Ausstellung, seine Motivation.

Dabei geht der in Remscheid geborene Künstler immer weiter: Ende der 90er fängt er an, seine Colorprints selbst zu entwickeln. Fehler, die im Labor ganz selbstverständlich bereinigt werden, behält er bei und integriert sie in das Bild. Was aus Versehen zum Vorschein kommt, öffnet den Blick für eine dem Bild eigene Realität. Zudem beginnt Tillmans mit abstrakten Werken: Dafür schafft er Bilder ohne Kamera – nur durch Licht und Chemie. So sind etwa seine berühmten „Freischwimmer“-Arbeiten ausschließlich in der Dunkelkammer entstanden, wo Till­mans mit Lichtquellen sozusagen auf Fotopapier „zeichnet“. Erst vor Kurzem ist eines dieser Bilder in New York für 600.000 Dollar unter den Hammer gekommen.

Wie groß die Bandbreite des mit dem Turner-Preis ausgezeichneten Fotografen ist, zeigt nun die Sommerausstellung bei Beyeler: Neben traditionellen Genres wie Porträts, Aktdarstellungen, Stillleben oder Landschaftsbildern werden abstrakte Werke präsentiert, die mit der Grenze des Sichtbaren spielen.

Auf den ersten Blick scheint dabei nichts so recht zusammenzupassen: „Große Formate stehen neben kleinen, klassische Genres neben ungesehenen Bildmotiven und abstrakte Bilder neben gegenständlichen Darstellungen“, beschreibt Visher den ungewöhnlichen Aufbau, bei dem Tillmans übrigens selbst mit Hand angelegt hat. Der Grund: Nicht ein Thema oder ein narrativer Zusammenhang sollen die Ausstellung prägen – Ausgangs- und Angelpunkt sind die Bilder selbst. Und die zeigen nun einmal vor allem die Schönheit im Unperfekten.

Infos

Wolfgang Tillmans
28. Mai bis 1. Oktober
Artist Talks: Wolfgang Tillmans
Do., 7. September, 18.30 Uhr
Fondation Beyeler, Riehen / Basel

www.fondationbeyeler.ch

Text: Tanja Bruckert / Fotos: © Wolfgang Tillmanns, Sportflecken, 1996 / Adam, 1991 / Fire Islands, 2015 – Courtesy Galerie Buchholz, Berlin/Cologne, Maureen Paley, London, David Zwirner, New York