Nachgewürzt: Weinstein und der Sexismus Kultur | 19.11.2017 | Florian Schroeder

In Deutschland sterben die Insekten aus – in Hollywood treiben sie weiter ihr Unwesen. Nach den Vorwürfen gegen den Produzenten Harvey Weinstein sind viele Menschen schockiert: Sexismus? Das gibt’s noch? Hatten wir doch mit Rainer Brüderle abgeschafft. Der war aber auch kein Produzent, sondern nur ein schlechter Schmierendarsteller.

Frauen sind nach wie vor der personifizierte Mangel: Sie sind nie selbstbewusst, sondern zickig, nicht emotional, sondern hysterisch, gehen nicht zur Arbeit, sondern vernachlässigen ihre Kinder. Warum sollen Frauen hinter den Kulissen besser behandelt werden als vor der Kamera?

Unterzieht man bei den Oscars die neun nominierten Filme in der Kategorie „Bester Film“ dem Bechdel-Test, sieht es düster aus. Der Test prüft Filme anhand von drei Fragen: Kommen mindestens zwei Frauen vor, die prominent sind? Reden die beiden miteinander? Und handelt der Dialog von etwas anderem als von Männern? Vier der im vergangenen Jahr nominierten Filme bestehen den Test nicht, zwei kommen nur durch, wenn man kleine Mädchen im Vorschulalter als Frauen durchgehen lässt. Das geht auch nur in einer Welt, in der sich die SPD noch immer Volkspartei nennen darf.

Außerdem: Frauen, die Sexszenen spielen, kriegen häufiger einen Oscar als Männer, die blank ziehen. Auch hier sind Frauenfiguren meistens jünger als die männlichen, seltener bei der Arbeit zu sehen und häufiger beim Kochen. Also Schlampe oder Mutti! Oder wie Donald Trump seufzen würde: „Gottseidank mal ein realistisches Frauenbild!“

Auch im deutschen TV sind Frauen unterrepräsentiert. Auf eine Frau kommen zwei Männer. Bei RTL will man davon nichts wissen. Hier erklären Frauen die Welt, sagt der Chef. Klar, Katja Burkard zum Beispiel. Die Person, von der ich lange dachte: „Das ist ja wohl Kalkofes beste Figur!“

Nur unter 30 ist das Verhältnis ausgeglichen. In Serien wie „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ oder „Rote Rosen“ sind Frauen sogar überrepräsentiert. Potzblitz! Wer hätte das nicht gedacht? Gerüchteweise soll ja auch in 100 von 100 Rosamunde-Pilcher-Filmen die Autorin eine Frau sein.

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