Im Zwiegespräch mit Orten: Literatur gewordene Stadtrundgänge Kultur | 04.06.2018 | Erika Weisser

Im Lavori-Verlag ist soeben ein zu 100 Prozent freiburgisches Buch erschienen: „Freiburg zu Fuß“. Es wurde nicht nur hier verlegt, sondern auch gedruckt, recherchiert und geschrieben – von den Freiburgerinnen Gerlinde Kurzbach (links) und Carola Schark.

Ihr einziges Thema ist die zwischen Schwarzwald und Oberrhein gelegene Münsterstadt und die spezifischen Befindlichkeiten ihrer Quartiere. Zu deren Erkundung haben die beiden stadtführungserfahrenen Autorinnen 17 detailreiche Rundgänge zusammengestellt.

Wie der Buchtitel nahelegt, empfehlen sie für diese Entdeckungsreisen durch die gerne so genannte Green City das umweltverträglichste aller Fortbewegungsmittel: Schusters Rappen. Denn „durch langsame Annäherung erschließt sich ein bekanntes Terrain neu und ein unbekanntes viel eingehender und nachhaltiger“, sagt Kurzbach. Sie hat viele Jahre in der Katastrophenhilfe in mehreren Ländern Afrikas gearbeitet und verweist auf eine Weisheit, die ihr dort häufig begegnet ist: Wenn man zu Fuß geht, hat die Seele Zeit, Schritt zu halten.

Diese Erfahrung hat auch die versierte Stadtgeschichtsschreiberin Schark schon oft gemacht. Wenn sie unterwegs ist und ihr dabei ein besonderes Detail eines Hauses, einer Siedlung oder eines Innenhofs auffällt, „kann es schon passieren, dass ich stundenlang mit dem Ort Zwiesprache halte, seiner Geschichte nachspüre“, etwa in der Klarastraße 86, wo sie im Hof ein verborgenes Treppenhaustürmchen fand.

Beide Autorinnen kommen bei solchen Gelegenheiten gerne ins Gespräch mit den Menschen, die dort wohnen und die Geschichten kennen, die selten oder gar nicht in Archiven zu finden sind: Selbst gestaltete „Geschichte von unten“, nicht die Geschichte der über sie Herrschenden. Wie viele Kilometer und Stunden sie für dieses bis in versteckte Hinterhöfe selbst erwanderte Buch hinter sich brachten, haben Kurzbach und Schark nicht gezählt. Doch dem Gefühl nach „waren es sicher mehr als 100“.

Entstanden ist dabei ein höchst informativer Wegbegleiter zu so manchem abseits der Touristenströme gelegenen Ort. Er wurde in erster Linie für Leute verfasst, die zwar schon lange hier wohnen, aber erst jetzt Lust (und Zeit) haben, über ihre unmittelbare Umgebung hinaus endlich auch den Nachbarstadtteil und schließlich die ganze Stadt genauer unter die Lupe zu nehmen.

Das Buch eignet sich jedoch auch als Einlebenshilfe für wissbegierige Neu-Bürger, bietet viele Einblicke in Freiburgs historische, städtebauliche, wirtschaftliche, zivilgesellschaftliche, zwischenmenschliche oder auch kommunalpolitische Besonderheiten, erinnert an längst vergessene oder unbeachtete Geschehnisse.

Ein Neu-Freiburger kann das Buch sicher gut gebrauchen: Martin Horn. Der freute sich denn auch sehr, als er eines der ersten druckfrischen Exemplare in die Hände bekam. Denn „Freiburg zu Fuß“ eröffne ihm die Möglichkeit, seine bisher erworbenen Kenntnisse um ein profundes Insider-Wissen über weniger bekannte Eigenheiten der Stadt zu erweitern, die ihn gerade zu ihrem Oberbürgermeister gewählt hat. 

Info

Lesung auf der Hebebühne
Samstag, 9. Juni 2018, 15 Uhr
Autowerkstatt Hätti
Schwarzwaldstr. 330, 79117 Freiburg
(im Rahmen des Ebneter Kultursommers)

Gerlinde Kurzbach, Carola Schark
Freiburg zu Fuß
Lavori Verlag 2018
180 Seiten, Broschur
Preis: 19,80 Euro

Foto: © ewei