„Ein großer Wurf“: Multicore plant Musikhaus am Güterbahnhof Kultur | 19.06.2018 | Till Neumann

Seit Jahren fehlen Freiburg Proberäume. Jetzt arbeitet die neu formierte Musiker­initiative „Multicore“ an einem Konzept für ein Musikhaus am Güterbahnhof. Eine „große Lösung“ ist angedacht: 40 Proberäume, ein Konzertsaal mit rund 1000 Plätzen, ein Café, Studios. Manches scheint möglich, nichts sicher.

Engagiert: Franck Mitaine

„Freiburg braucht das“, sagt Franck Mi­taine. Der neue Vorsitzende von Multicore ist Feuer und Flamme fürs Musikhaus. Er merkt aber auch, dass ein langer Atem gefragt ist. Sicher ist für den 54-Jährigen: „Freiburg ist eine geile Stadt, aber die Kultur hat gelitten.“ Vor allem das Musikalische sei zurückgedrängt worden.

Seit März ist der Veranstaltungstechniker Chef von Multicore. Für das Musikhaus pausiert Mitaine sogar von seiner Arbeit. Alle Hebel sollen in Bewegung gesetzt werden.

Ein Konzept, wie das Musikhaus aussehen könnte, ist bei Multicore in Arbeit. Doch die Lage ist komplex: Stadtverwaltung, Freiburg Wirtschaft Touristik und Messe GmbH (FWTM) sowie ein privater Investor sind laut chilli-Informationen involviert – es geht um große Summen und verschiedenste Interessen.

Mehrere Grundstücke am Güterbahnhof stehen zur Debatte. Doch fast alles dort gehört der Aurelis Asset GmbH in Eschborn. Genau dort aber heißt es: „Wir sind in die Gespräche nicht involviert.“

Zu hören ist an vielen Ecken: „Die Planungen laufen, Details zu nennen ist nicht möglich.“ Involviert ist auch Freiburgs Popbeauftragter Tilo Buchholz. „Ein großer Wurf wäre wichtig, das Konzept von Multicore ist super“, sagt der erfahrene Musiker.

Ende Mai hat der bei der FWTM angesiedelte Popsupport der Stadt Freiburg eine Umfrage zum Proberaummangel gestartet. Das Ergebnis: 45 Acts suchen einen Raum zum Üben. 15 davon wollen ihn exklusiv nutzen, 30 wünschen Teilzeit. „25 neue Räume wären kein Thema“, sagt Buchholz. Auch bei 40 hätte er keine Bauchschmerzen. Entscheidend sei der Mietpreis. Die Schmerzgrenze für Künstler liege bei zehn Euro Miete pro Quadratmeter.

Entwicklungsareal: Auf dem Güterbahnhofgelände wird fleißig gebaut. Von einem Musikhaus könnten junge Bands wie die von Niklas Bastian (Foto oben) profitieren. Sie spielten zuletzt bei „Rampe“ im Jazzhaus.

Auch zu einem möglichen Konzertsaal hat er eine Meinung: „Veranstalter sagen mir, sie brauchen eine Location mit 1500 oder 2000 Plätzen.“ Idealerweise sei das ein Club mit fest installierter Technik. Zu bedenken seien auch bestehende Locations wie Jazzhaus oder E-Werk. Diesen sollte man keine Konkurrenz machen, sondern im Konsens Nutzungsmöglichkeiten suchen.

Im E-Werk selbst ist man in die Planungen nicht eingebunden. „Wir begrüßen die Idee von mehr Räumen und einem Haus für lokale Bands“, sagt Matthias Adam, der das Musikprogramm im E-Werk macht. Eine gute Kommunikation zwischen den einzelnen Akteuren hält er für wichtig.

„Förderstrukturen sind geradezu inexistent“

Großen Handlungsbedarf sieht Markus Schillberg. Der Musiker von „Restless Feet“ ist Teil von Multicore und Mitgründer der IG Subkultur. Er kenne die Möglichkeiten in anderen Städten und findet: „Da kann man in Freiburg schon neidisch werden.“

Der Proberaummangel ist für Schillberg nur die Spitze des Eisbergs: „Popkulturelle Förderstrukturen sind hier geradezu inexistent.“ Dazu zählt er auch Sprungbrettbühnen für junge Bands. Das künstlerische Potenzial sei da, man müsse ihm nur Raum zur Entfaltung geben.

Fotos: © Till Neumann, Peter Hermann