Lügen? Erlaubt! – So parierst du unzulässige Fragen im Bewerbungsgespräch Jobstarter | 06.10.2025 | Beatrix Mittermann, Till Neumann

Sind Sie schwanger? Bei der Frage kann man im Vorstellungsgespräch auch mal flunkern. Sind Sie schwanger? Bei der Frage kann man im Vorstellungsgespräch auch mal flunkern.

Es gibt Fragen, die im Bewerbungsgespräch nichts zu suchen haben. Mehr noch: Der Gesetzgeber definiert sie sogar als unzulässig. Der Röntgenblick des Interviewers soll Grenzen haben. Wie geht man also mit Fragen um, die in die persönliche Sphäre eindringen?

Fragen zu folgenden Themen musst du in der Regel im Vorstellungsgespräch nicht beantworten:

Religionsbekenntnis, Weltanschauung, sexuelle Orientierung

Heirat, Familienstand, Kinder, Kinderwunsch, Partnerschaft

Schwangerschaft, Gesundheitszustand, Behinderung

Vorstrafen, Schulden oder persönliche Vermögensverhältnisse

Gewerkschafts-, Partei-, oder Vereinszugehörigkeit

Arbeitgeber*innen können grundsätzlich frei entscheiden, wen sie einstellen möchten. Nachvollziehbar ist daher, dass sie möglichst viele Informationen einholen. Die Bewerber*innen dürfen allerdings nicht durch Fragen diskriminiert oder unangemessen ausgefragt werden. Im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz heißt es: „Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.“

Bewerbende haben daher sogar ein „Recht auf Lüge“. Wie in diesem Fall: Eine Bewerberin wurde gefragt, ob sie schwanger sei. Sie verneinte das, obwohl sie schwanger war. Nach der Einstellung wurde die Schwangerschaft bekannt, der Arbeitgeber wollte den Arbeitsvertrag wegen arglistiger Täuschung anfechten.

Das Bundesarbeitsgericht stellte klar, dass die Frage nach einer Schwangerschaft grundsätzlich unzulässig ist, da sie eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts darstellt. Da galt das „Recht zur Lüge“. Der Arbeitsvertrag konnte daher nicht angefochten werden.

Es bestehen jedoch Ausnahmen, wenn ein Rechtfertigungsgrund besteht. Zum Beispiel, wenn die Zugehörigkeit zu einer Religion für die Ausübung des Berufes relevant ist, Willst du für die Kirche arbeiten? Dann darf deine Konfession vom Arbeitgeber erfragt werden.

So auch bei einer Schwangerschaft: Wenn die Ausübung der Stelle Tätigkeiten erfordert, die du als Schwangere nicht gefahrlos oder effizient ausführen kannst (schwere Lasten heben oder generell schwere körperliche Arbeit), so muss die Schwangerschaft beim Bewerbungsgespräch erwähnt werden. Das gilt auch für alle Bereiche, die für dich oder das ungeborene Baby schädlich sein können.

Wenn du nach deinem Gesundheitszustand gefragt wirst, musst du lediglich Krankheiten angeben, die eine Gefahr für das Leben und die Gesundheit von Kolleg*innen und/oder Kund*innen darstellen. Solltest du aufgefordert werden, ein Attest vorzulegen, so muss es keinesfalls all deine Krankheiten auflisten. Es genügt eine Auskunft darüber, ob du für die jeweilige Tätigkeit geeignet bist oder nicht.

Gleiches gilt auch bei Vorstrafen: Die musst du lediglich erwähnen, wenn ein Zusammenhang zwischen Delikt und Tätigkeitsprofil besteht. Beispielsweise bei einer Vorstrafe wegen Veruntreuung bei der Bewerbung um eine Stelle als Bankangestellte*r. Des Weiteren müssen ungetilgte Vorstrafen genannt werden.

Auch deine Vermögensverhältnisse sind Privatsache. Eine Ausnahme besteht lediglich bei einer Vertrauensposition im Finanzbereich. In diesem Fall ist die Frage durchaus berechtigt. Eine weitere Ausnahme greift, wenn der Arbeit­geber unmittelbar davon betroffen wäre, wie bei einem laufenden Lohnpfändungsverfahren.

Auch Fragen zu Gewerkschafts-, Partei-, oder Vereinszugehörigkeiten sind im Bewerbungsgespräch unzulässig. Solltest du dich jedoch in einem sogenannten Tendenzbetrieb bewerben, wie bei einer politischen Partei, einer Gewerkschaft oder Ähnlichem, stellt das eine Ausnahme dar. In dem Fall ist die auszuführende Tätigkeit direkt davon betroffen.

Wie reagiere ich also, wenn mir im Vorstellungsgespräch vermeintlich unzulässige Fragen gestellt werden? Zunächst einmal empfiehlt es sich, ruhig zu bleiben. Setze dich mit der Frage auseinander, ob die Information für die Stelle von Bedeutung sein könnte und du eventuell von einem der Ausnahmefälle betroffen bist. Ist das nicht der Fall, stehen dir mehrere Möglichkeiten zur Auswahl.

Du kannst dein Gegenüber auf den Fehler aufmerksam machen. Am besten indem du rückfragst, inwiefern die Frage für den Job von Relevanz ist. Du kannst es sachlich angehen: „Ich habe zwar diesbezüglich nichts zu verbergen, finde aber nicht, dass Fragen, die in mein Privatleben eindringen, unbedingt in diesem Gespräch zu thematisieren sind.“ Oder humorvoll: „Ich wusste gar nicht, dass das eine Anforderung für diese Position ist. Habe ich diesen Punkt im Stelleninserat etwa unabsichtlich übersprungen?“

Außerdem kannst du die Antwort verweigern. Oder einfach lügen. Der Grund: Da dein Schweigen in einem Gespräch sehr schnell als Zugeständnis gewertet werden kann, ist das hier erlaubt.

Wenn sich während des Gespräches unzulässige Fragen häufen, kann das auch ein Hinweis sein: Möchtest du tatsächlich für jemanden arbeiten, der bereits beim Vorstellungsgespräch die Grenzen zwischen Beruflichem und Privatem überschreitet?

Das A und O für jedes Vorstellungsgespräch bleibt die Vorbereitung. Überlege dir vorab, welche Fragen unzulässig sind und wie du mit diesen Fragen umgehen möchtest.

Hinweis

Der Artikel ist im Stepstone-Magazin erschienen. Ihr findet das Original hier: bit.ly/luegenerlaubt

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