Junge Wilde, altes Handwerk: Mauer Jürgen Hättich über Begeisterung, Bauwerke und Politik Job & Karriere | 01.06.2018 | f79

Das Handwerk ist für viele nicht nur Beruf, sondern Berufung. Das hat die Handwerkskammer Freiburg 2017 mit einer Fotoausstellung zu den „Jungen Wilden“ im Handwerk gezeigt. Nun kommen die Gesichter der Ausstellung zu Wort. So auch Jürgen Hättich. Der Maurermeister und geprüfte Restaurator im Maurerhandwerk erzählt von der Leidenschaft für seinen Job.

f79// Herr Hättich, wie sind Sie zum Maurerhandwerk gekommen?
Hättich// Der Beruf hatte für mich als jungen Kerl seinen Reiz, weil man Robustheit und Gewandtheit mitbringen muss. Eigenschaften, die man ja gerade als Teenager unter Beweis stellen will. Auch die alte Zunftkleidung hat mich beeindruckt.

f79// Warum sind Sie Meister geworden?
Hättich// Mir war von Anfang an klar, dass es mit der Lehre nicht zu Ende sein sollte. Dass man viele Möglichkeiten für den Berufsweg hat, ist gerade im Baubereich ein entscheidender Vorteil. Ich habe mit Anfang 20 schon den Meister gemacht und einige Jahre im Beruf gearbeitet. Dann bin ich meiner Leidenschaft gefolgt und habe den Restaurator im Maurerhandwerk gemacht. Seit meiner Selbstständigkeit vor neun Jahren darf ich das alte Handwerk ausüben und mitwirken, alte Bauwerke und somit unser kulturelles Erbe zu erhalten.

f79// War das ein Grund, bei der Ausstellung „Junge Wilde, altes Handwerk“ mitzumachen?
Hättich// Ja. Zwar bin ich nicht mehr der Allerjüngste, aber dennoch recht wild! Das muss man auch sein, wenn man als Einzelkämpfer und Selbstständiger bestehen will. Mir liegt es am Herzen, jüngeren Menschen die Lust am Handwerk nahezubringen. Das geschieht heute zu wenig.

f79// Ist restaurieren angesagt?
Hättich// Klar. In der Wegwerfgesellschaft ist die „Kultur der Reparatur“ mehr denn je gefragt. Es geht darum, auch mit wenig Aufwand Dingen eine längere Haltbarkeit zu geben. Es dürfte klar sein, dass wir Menschen so auf Dauer nicht weitermachen können.

f79// Bauen ist ja auch ein Umweltthema.
Hättich//Ja. Auch aus Gründen der Nachhaltigkeit müssen wir ressourcenschonender bauen. Die Klimaproblematik zwingt zum Umdenken. Dabei kann man sagen: Denkmalschutz ist Klimaschutz. Die Energiebilanz eines alten Gebäudes ist unschlagbar im Vergleich zu heutigen energieaufwendig hergestellten Materialien.

f79// Ein Appell an die Politik?
Hättich// Genau. Die Politik muss begreifen, dass es ein breites Programm braucht, die historische Bausubstanz verträglich instand zu setzen, anstatt immer neue Baugebiete auszuweisen. In meiner Selbstständigkeit habe ich öfter die Erfahrung gemacht, dass dieses Potential nicht erkannt wird.

f79// Was gefällt Ihnen an Ihrem Job?
Hättich// Die Tätigkeit ist sehr abwechslungsreich. Es sind fast ausschließlich individuelle Ansätze gefragt, also keine Arbeit von der Stange. Von mittelalterlichen Mauern über barocke Gewölbe bis zu alten Lehmwänden ist alles dabei. Einfach ein Beruf, der Freude macht. In gewissen Momenten macht er demütig und nachdenklich in Anbetracht der Leistung unserer Vorfahren. Unsere heutigen Möglichkeiten hatten die nicht.

f79// Selbst gestalten – auch das zählt, oder?
Hättich// Man muss „die Hand sehen“ bei einer Arbeit! Nach diesem Motto arbeite ich. Glatte sterile Flächen sind mir ein Graus, schließlich bin und bleibe ich HANDwerker, jung und wild eben!

Infos

Die Bilder der Ausstellung „Junge Wilde, altes Handwerk“ gibt’s hier zu sehen: www.hwk-freiburg.de/vorbilder

Foto: © Markus Dietze