Selbstversuch: Wie schlimm ist mein Co2-Abdruck? f79 – das Jugendmagazin | 04.09.2019 | Liliane Herzberg

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Alle reden von Treibhausgasen und CO2. Viele wollen weniger verbrauchen. Doch wie viel pustet ein Mensch eigentlich pro Jahr in die Atmosphäre? f79-Autorin Liliane Herzberg hat ihren CO2–Fußabdruck online errechnet. Sie ist erschrocken vom Ergebnis.

Lili Herzberg

Fliegt nicht mehr: Liliane Herzberg

Ich fürchte, ich muss bald barfuß laufen, im Tipi wohnen und nur noch Fallobst essen. Denn obwohl ich mir wirklich Mühe gebe, mein Leben klimafreundlich zu gestalten, ist das Ergebnis meiner CO2-Rechnung grottenschlecht: 11,00 Tonnen CO2, Methan und Lachgas stoße ich jährlich bei meinem jetzigen Lebensstil aus. Das ist nur geringfügig weniger als der deutsche Durchschnitt von 11,60 Tonnen.

Woher ich meinen Verbrauch so genau kenne? Dank des CO2-Rechners des Umwelt-Bundesamts. Online kann man dort – wie bei anderen Portalen auch – seinen CO2-Fußabdruck berechnen. Der Rechner braucht dafür Infos zu Heizung, Strom, Mobilität, Ernährung und sonstigem Konsum. Rund 30 Minuten habe ich dafür benötigt. Je nachdem wie ausführlich man die Fragen beantwortet, kann es auch deutlich länger gehen. Teilweise sind die Fragen knifflig: Beispielsweise soll man das Baujahr seines Hauses angeben oder die Art der Heizung und den Jahresverbrauch. Wer weiß das schon?

Bisher dachte ich, ich würde bereits einen relativ klimafreundlichen Lebensstil führen. Ich verzichte aufs Fliegen, kaufe zu 90 Prozent vegane, regionale Bioprodukte, zahle mit der Karte meiner nachhaltigen Bank und shoppe nur Second Hand. Wenn nicht, achte ich auf faire und nachhaltige Herstellung. Ich kaufe mikroplastikfreie Kosmetik, habe kein Auto, bewege mich fast vollständig mit dem Fahrrad oder öffentlichen Verkehrsmitteln.

Verpackungsfrei einzukaufen funktioniert in meiner Stadt nicht vollständig. So weit es geht, achte ich darauf. Zum Beispiel, indem ich Seife statt Duschgel verwende. Das soll keine Lobeshymne auf mich werden, sondern mein Erschrecken in Worte fassen: Wo kann ich meinen Lebensstil denn noch verändern, um einen positiveren Fußabdruck auf dieser Erde zu hinterlassen?

Etwas klarer wird es, wenn man sich meine Vermeidungen ansieht: In den Bereichen Mobilität, Ernährung und Konsum bin ich richtig sparsam. Gerade im Vergleich zum sonstigen deutschen Durchschnitt. Dafür sieht es aber bei Heizung und Strom ziemlich schlecht aus. Das Haus, in dem sich meine Wohnung befindet, ist uralt und unsaniert. Logisch, dass die Werte schlecht sind. Was Klimaneutraleres kann ich mir als Studentin aber nicht leisten – bleibt das Tipi?

Da stellt sich die Frage, inwiefern auf die Kleinigkeiten geachtet werden muss: Reifen-abrieb und Bremsenabrieb meines Fahrrads? Nie wieder Wäsche über 30 Grad waschen? Schuhabrieb? Alles kann, alles muss? Oder doch weiterhin alles kann, nichts muss?

Bisher habe ich nicht das Gefühl, mich selbst einzuschränken. Ich lebe diesen Lebensstil, weil ich es so will und es anders nicht vor mir rechtfertigen kann – deshalb ist es auch kein Zwang oder Verzicht. Wenn ich mal spontan Lust auf einen vegetarischen Flammkuchen in der Stadt habe, mache ich eine Ausnahme. Alles kann, nichts muss. Wenn ich mir jetzt aber meine Bilanz ansehe, habe ich das Gefühl, dass da eindeutig noch Luft nach oben ist.

Earth Overshoot Day

Am 29. Juli 2019 war Earth Overshoot Day (EOD). An diesem Tag hat die Menschheit die Ressourcen der Erde verbraucht, die sie in einem Jahr wiederherstellen kann. Im vergangenen Jahr war der EOD erst drei Tage später. Würde der globale CO2– Ausstoß halbiert, käme der EOD 89 Tage später.

Treibhausgase

Laut Umweltbundesamt lag der Pro-Kopf-Verbrauch von Treibhausgasen 2016 in Deutschland bei 11,0 Tonnen pro Jahr. Damit liegt die Bundesrepublik im europäischen Mittelfeld. Spitzenreiter ist Malta mit 4,2 Tonnen pro Jahr. Luxemburg liegt mit 17,2 Tonnen am Ende der Skala. Zu den Treibhausgasen gehören vor allem CO2, Methan und Lachgas.

CO2-Verbrauch

Beim CO2-Verbrauch pro Kopf im Jahr 2016 führt Indien laut statista.com mit nur 1,57 Tonnen. Danach folgen Indonesien (1,74) und Brasilien (2,01). Deutschland liegt bei 8,88 Tonnen. Am Ende der Skala findet sich Katar mit 30,77 Tonnen pro Kopf.

Klimastreik

Der nächste globale Klimastreik ist am 20. September. Auch in Freiburg werden die Aktivisten von Fridays for Future durch die Straßen ziehen. Bisher gab es in Freiburg drei Klimastreiks: Zum ersten am 18. Januar kamen mehr als 3000 Teilnehmer, beim zweiten am 15. März waren mehr als 5000 dabei. Am 15. Juni versammelten sich rund 7500 Streikende.

Foto: © unsplash, Philip Thomas