Auf die „Drinkability“ kommt’s an: Craft-Bier von Waldhaus Freiburg geht aus | 01.01.2018 | Tanja Senn

Craft-Bier wird längst nicht mehr nur von bärtigen Hipstern in der Hinterhofgarage gebraut. Der Trend hat auch etablierte Brauereien erreicht. Die Schwarzwälder Privatbrauerei Waldhaus hat mit Hopfensturm und Hopfenzauber zwei außergewöhnliche Biere kreiert. Wie sie entstanden sind, verraten Geschäftsführer Dieter Schmid und Braumeister Bernhard Vötter.

Herr Schmid, mit Hopfensturm und Hopfenzauber hat Waldhaus zwei Craft-Bier-Sorten kreiert. Wie unterscheiden die sich von Ihren anderen Bieren, die ja ebenfalls keine industrielle Massenware sind?
Schmid: Es beginnt schon mit der Auswahl der Rohstoffe. Bei Hopfensturm und Hopfenzauber verwenden wir unterschiedlichste Malzsorten, hocharomatische Hopfensorten aus der Hallertau und Nord-Amerika sowie spezielle ALE-Hefen aus England, Belgien und den USA. Eine technologische Besonderheit ist, dass wir bei der Gärung erstmals nicht nur einen, sondern gleich zwei verschiedene Hefestämme einsetzen. Um ein tolles Bier mit einem einmaligen Aromaspiel zu erhalten, erfolgt die Hopfengabe nicht nur wie gewöhnlich im Sudhaus, sondern auch im Kaltbereich des Lagerkellers. Dieser Vorgang heißt Hopfenstopfen und ist echte Handarbeit – Craft eben.

Herr Vötter, wie weit darf man bei der Entwicklung den eigenen Geschmack einfließen lassen?
Vötter: Bei der Kreation eines Craft-Bieres darf ich (fast) alles. Nur steht das nicht im Fokus. Der wichtigste Aspekt bei der Herstellung ist die „Drinkability“ – wie stellt sich das Getränk geschmacklich dar, und regt es zum Weitertrinken an. Dies gilt übrigens nicht nur für Craft-Bier, sondern auch für all die anderen Biersorten, die wir im Sortiment haben. Für mich als Braumeister ist das Schöne beim Craft-Bier, dass man die verschiedenen Bierstile viel stärker ausprägen und betonen kann.

Mit Ihren Craft-Bier-Sorten zeigen Sie, dass sich auch nur mit Wasser, Malz, Hopfen und Hefe große Unterschiede erzielen lassen. Wünschen Sie sich trotzdem manchmal, das deutsche Reinheitsgebot ignorieren zu können?
Zum Reinheitsgebot gibt es für mich keine Alternative. Ich verstehe auch nicht das „Gejammere“ über die vermeintlichen Einschränkungen durch das Reinheitsgebot. Die Variationsmöglichkeiten im Rahmen des Reinheitsgebotes sind bei Weitem noch nicht ausgeschöpft. Bis jetzt wurde das Craft-Bier mehr oder weniger über den Einsatz von speziellen Hopfensorten definiert. Dabei gibt es noch viel mehr Möglichkeiten, allein über die Verwendung verschiedener Malze oder durch den Einsatz von speziellen Hefen.

Welches Bier kommt bei Ihnen selbst nach Feierabend auf den Tisch?
Natürlich trinke ich am Feierabend gerne ein oder zwei Biere aus dem Waldhaus-Sortiment, aber nicht nur. Als Braumeister bin ich gefordert, meine Verkostungsfähigkeiten permanent weiterzuentwickeln sowie frühzeitig Strömungen und Trends zu erkennen. Das geht aber nur, wenn man auch andere Biere und Bierstile probiert und verkostet. Bei über 5 000 verschiedenen Bieren allein in Deutschland ist das eine echte Herausforderung (lacht).

Foto: © Privatbrauerei Waldhaus