Nackte Weine aus verbotenen Früchten: Weinerei Dr. Feser aus dem Wildtal setzt auf Extrem-Ökoweinbau Freiburg geht aus | 01.01.2018 | Tanja Senn

Pflanzenschutzmittel, Herbizide oder Kunstdünger sind für Heiko Feser Fremdworte. In seinem Weinberg im Wildtal kreucht und fleucht es vor Insekten, da wachsen Grün-Düngungspflanzen zwischen den Reben und mittendrin steht der Winzer mit seiner Hacke – verschwitzt, verdreckt und verstochen.

Feser betreibt Öko-Weinbau in seiner extremsten Form. Möglich machen das seine sogenannten Piwis – pilzwiderstandsfähige Rebsorten, die nicht gespritzt werden müssen. Feser versteht es, seine Kunden neugierig zu machen. Seine Weine tragen geheimnisvolle Namen wie „Orakel“, „Mata Hari“ oder „Noir Désir“.

Nicht nur die Namen der Weine, auch ihre Herstellung bedarf der Erklärung. An den Einzelhandel liefert der einstige Quereinsteiger daher nicht. Ein einfacher Tafelwein für zehn Euro, aus einer Traube, von der noch nie jemand gehört hat, wäre sicher ein Ladenhüter. Doch im Direktverkauf ist die Nachfrage deutlich höher als Feser mit seinen rund 5.000 Litern im Jahr bedienen kann.

Seine Fläche will er trotzdem nicht erweitern. Mitarbeiter einzustellen, wäre ihm ein Graus. Statt Maschinen setzt er Sense und Hacke ein. „Mein Weingut ist eine Riesen-Spielwiese, auf der ich mein Wein-Faible ausleben kann“, sagt Feser, der nach jahrelangem Aufenthalt bei einem Indianerstamm am Amazonas zum Weinbau gekommen ist, und fügt grinsend hinzu: „Ich habe nur angefangen, zu verkaufen, weil ich irgendwann nicht mehr alles allein trinken konnte – obwohl ich mich sehr bemüht habe.“

Es gibt den konventionellen Weinbau. Es gibt Öko-Weinbau. Und dann gibt es da die Weinerei Dr. Feser aus dem Wildtal mit ihren „Piwis“.

Zu diesem Faible gehört auch, mit immer neuen Sorten zu experimentieren. „Spätburgunder gibt’s schon in allen Variationen“, so der 52-Jährige. „Und schließlich sind diese gängigen Rebsorten nichts anderes als lebende Fossilien.“ Ohne den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln könnten diese Kulturreben keine gesunden Trauben hervorbringen. So setzt Feser stattdessen auf Solaris, Johanniter, Maréchal Foch & Co. – pilzresistente Wildreben, die gar nicht oder kaum gespritzt werden müssen. In den 90er-Jahren noch schwarz gepflanzt, hat er nun Sondergenehmigungen für die noch nicht zugelassenen Traubensorten. Viele von ihnen stammen aus dem Freiburger Weinbauinstitut. „Südbaden ist so etwas wie die Hochburg der Piwis“, erklärt Feser. „Ihr Anteil am Weinbau ist trotzdem noch verschwindend gering.“

Ein Grund dafür ist sicherlich auch die Deklarierung der Weine. Denn selbst wenn Feser einen Wein als Spätlese oder gar als Beerenauslese in den eigenen Weinkeller bringt – in den Verkauf kommen die guten Tropfen nur als Tafelwein. Eine andere Qualitätsstufe können Weine nicht erreichen, die aus Rebsorten ohne Zulassung stammen. Feser musste findig werden – und wurde es. Denn hört sich ein verbotener Wein nicht ungleich spannender an als eine gewöhnliche Spätlese?

Fotos: © tas