Locker & fein: frederix Restaurant im Hotel Hirsch GASTRO & GUSTO | 04.12.2020 | Arwen Stock

frederix-im-Hirschen

Seit rund einem Jahr wird der Hirsch in Gengenbach, ein Traditionshotel mit Gasthof, von seinen neuen Betreibern behutsam umgestaltet. Mit Lässigkeit und kulinarischem Anspruch ist dabei das Restaurant „frederix im Hirsch“ entstanden.

Urige Originale, historische Ansichten und eine Gengenbacher Hexe in Schwarz-Weiß – die Fotos vom Ort und den Gästen lassen tief in die Geschichte des Gasthof Hirsch am Rande der Altstadt blicken. Schon von der Schwelle zum Gastraum sichtbar schmücken sie die gesamte Wand gegenüber der Bar. Den neuen Betreibern Marina und Sebastian Flaith war es wichtig, das Gengenbacher Traditionslokal mit Respekt vor der Arbeit der Familie Armbruster zu modernisieren. Davon soll die Fotowand zeugen.

„Das eine Bild haben wir absichtlich schräg montiert, damit das Porträt gerade ist“, spielt Marina Flaith lachend auf das doch andere Konzept an. Sie und ihr Mann Sebastian Flaith haben den Hirsch am 1. November 2019 übernommen – und sind keine Unbekannten in der Gastro-Szene in Gengenbach. Der 40-jährige studierte Betriebswirt Sebastian Flaith war zwischen 2007 und 2014 Betriebsleiter im Michelangelo und danach bis vor einem Jahr Restaurantleiter in der Offenburger Zauberflöte und im Schoellmanns. Marina Flaith kommt eigentlich aus der Werbung. Doch dann hat sie sich in Gengenbach in ihren Mann verliebt – und machte eine Umschulung zur Hotel- und Restaurantfachfrau. Vor der Übernahme des Hirsch war sie als Restaurantleiterin im Rialto tätig.

Eine Slow-Food-Karte ist viel Kopfarbeit

Jahrelang haben die Flaiths nach einem eigenen Lokal gesucht – mit der Übernahme des Hirsch hat sich ihr Traum erfüllt. Für ihr kulinarisches Konzept in der Küche konnten die beiden Service-Profis ein anderes Paar gewinnen: den 29-jährigen Max Hoffmann und seine 25-jährige Verlobte Laura Thomas, die zuvor im Schloss Eberstein in Gernsbach gekocht haben. Auf einer Gastro-Plattform fand Sebastian Flaith das Profil von Hoffmann, schrieb ihn an und beim Treffen am nächsten Tag war nach Minuten klar: „Das passt.“ Die Flaiths übernahmen die beiden Köche.

„Unser Ziel ist eine kleine Karte, in der sich jeder wiederfinden kann“, berichtet Sebastian Flaith. Er und die Köche stecken viel Kopfarbeit ins Speisenangebot. Seine Frau und er schätzen die Kreativität der beiden. Immer wieder präsentieren Max Hoffmann und Laura Thomas ihnen neue Menüvorschläge. Die Gänge sollen international, schmackhaft und anspruchsvoll sein, aber auch technisch umsetzbar. Das Knobeln daran lohnt sich, denn laut den Flaiths ist das die Basis für „Harmonie in Küche und Service“.

Die Klassiker auf der Karte, die gerahmt im Osteria-Stil daherkommt, sind beipielsweise das Wiener Schnitzel in Fassbutter gebacken, die gebratene Rinderleber und die gebackene Kichererbsen-Panisse. Beim Dessert Hirsch-Kirsch ist nomen omen, und das saisonale Menü ändert sich jeweils im Abstand von vier Wochen. Zur Karte gibt es noch eine Tafel, auf der jüngst „Fleischeslust“ empfohlen wurde: Filet-, T-Bone-Steak, Chateau Briand und Flanksteak aus der Region locken jeweils mit Jus, Wurzelgemüse und gebackenen Kartoffeln. Doch auch ein vegetarisches Menü steht immer auf der Karte, eine vegane Version ist mit leichten Variationen möglich.

frederix

Gemütlich und originell: das Ambiente im frederix.

„Wir haben eigentlich eine Slow-Food-Karte“, verweist Sebastian Flaith darauf, dass die Küche alle möglichen Zutaten aus der Umgebung bezieht und keinerlei Fertigprodukte verwendet. Das Fleisch stammt überwiegend von regionalen Erzeugern, vorwiegend vom Armbrusterhof in Berghaupten und anderen Schwarzwaldhöfen sowie vom heimischen Jäger. Die Forellen sind aus dem nahe gelegenen Haigerach.

Hoher Anspruch, kein Dresscode

„Dadurch, dass Sebastian aus seinen 20 Jahren Berufs- und Facherfahrung ein unglaubliches Wissen über Ernährung hat, kann er auch Allergiker gut beraten“, berichtet Marina Flaith. Jüngst habe er für einen Gast mit Histamin-Intoleranz aus dem Stegreif ein persönliches Menü kreiert.

Regional ist bis auf wenige Ausnahmen auch die Weinkarte: 80 Prozent der Rot-, Weiß-, Roséweine und Sekte stammen aus der Region zwischen dem Kaiserstuhl und Achern. Ein Jahr Arbeit steckt in der Weinkarte, die laut Flaith auch „tolle Tropfen im offenen Ausschank“ bietet. Brände präsentiert im Restaurant die „Brandfrau“ Marina Flaith auf einem Tablett. „Wir wollen ein gemischtes Publikum ansprechen“, betont sie. Dafür bieten sie zu fairen Preisen badisch-experimentelle Gerichte und Menüs und das in hoher Qualität. Trotz des kulinarischen Anspruchs soll die Atmosphäre locker sein. Das bedeutet auch kein Dresscode im Service.

Der Fokus der beiden liegt auf der Gemeinschaft mit den insgesamt 14 Mitarbeitern und den Gästen. So stand der Heilige Abend 2019 unter dem Motto „Alle an
einen Tisch“. Unter den rund 40 Gästen waren eine achtköpfige italienische Familie, Touristen aus England, Deutschland sowie das ganze Team. Gemeinsam genossen sie den Festtagsschmaus vom Buffet. Zur nur wenig später startenden Pandemie meint Sebastian Flaith: „Wir hätten uns den Start leichter gewünscht.“ Nun hoffen sie zum zweiten Mal, dass sie bald wieder Gäste begrüßen dürfen. Die Vorgaben sind alle erfüllt.

frederix Team

Wollen Verlässlichkeit und Wandel in Einklang bringen: Sebastian und Marina Flaith (Mitte) mit den Köchen Max Hoffmann und Laura Thomas (re. u. li.).

Die erste Zwangspause im Frühjahr haben die beiden genutzt, um ihr Konzept noch einmal zu schärfen und im Gastraum zu renovieren: Die Fenster mit Flaschenglas bekamen klare Scheiben, die Wände frische Farbe und die Bänke und Stühle neue Bezüge. Gold-runde Lampen tauchen seither die Tische in sanftes Licht, ein Klavier mit einer spiegelbesetzten Eidechse darauf steht an einer Wand. Und auch die elf Hotelzimmer erhielten einen frischen Anstrich.

Großer Respekt vor Vorgängerfamilie

Im Restaurant haben in Nicht-Corona-Zeiten rund 80 Gäste Platz. Im Untergeschoss ist noch „der Keller“, in dem Feiern mit bis zu 50 Personen möglich sind. Jenseits des Lockdowns empfehlen die Flaiths unbedingt zu reservieren. Bis sie wieder aufmachen dürfen, setzen sie auf Geschäftsreisende im Hotel, Catering und die „frederix-Genuss-
tüte“ zum Mitnehmen und Selbstfertig-Kochen. Auf Vorbestellung können die Gäste diverse, auch vegetarische Gänge oder ein komplettes Menü abholen: beispielsweise eingelegte Beete, einen Schweinekrustenbraten oder Ochsenbacke sowie zum Dessert einen Brownie. Die Zubereitungsempfehlungen stehen auf einem Zusatzblatt.

Vor dem Lebenswerk der Familie Armbruster, die den Hirsch in Gengenbach rund 40 Jahre mit viel Herzblut betrieben hat, ziehen die Flaiths den Hut. Es ist ihnen wichtig, in dem Traditionsgasthof Verlässlichkeit und Wandel in Einklang zu bringen. So haben sie mit der Übernahme auch den Namen übernommen. Der hat sich durch die Veränderungen in Küche, Service und Gastraum jedoch weiterentwickelt.

Das Restaurant heißt nun „frederix im Hirsch“, nach dem zweiten Vornamen von Sebastian Flaith. Sein Motto und das seiner Frau steht in der Gaststube geschrieben: „Wenn die Liebe und Leidenschaft zum Beruf das Leben ist.“ Ein großes Versprechen. Doch wer die beiden von ihren früheren Wirkungsstätten kennt, weiß, dass ihr Herz wahrlich für das Wohl ihrer Gäste schlägt.

Info

frederix Restaurant im Hirsch
Grabenstraße 24
77723 Gengenbach
Tel.: 0 78 03/33 87
www.hirschgengenbach.de

Fotos: © frederix im Hirsch, sadinna ruja photography