Wein, Kunst & Genuss – Das Schüler Genussspielhaus in Scherzingen Schlemmen & Sürpfeln | 13.12.2024 | Reinhold Wagner

Der Lebenstraum von Ruth und Rainer Schüler reifte 30 Jahre, bis er 2021 mit der Eröffnung des Genussspielhauses in Scherzingen Realität wurde: ein spektakulärer Neubau im geschichtsträchtigen Hofgut mit Wurzeln bis ins 15. Jahrhundert, der eine Bühne bietet für moderne Gastlichkeit – und auch als Kulturtreffpunkt funktioniert.
Wie so oft im Leben standen vor der Verwirklichung des Lebenstraums erst einmal Jahre der Aus- und Weiterbildung, aber auch Reisen in alle Welt. Für Ruth und Rainer Schüler stand fest: „Die Weite ruft. Der Traum muss warten.“ Als die beiden im Jahr 2008 wieder an Rainer Schülers elterlichen Hof in Scherzingen zurückkamen, konnten sie dort wohnen, doch die Landwirtschaft stand still, und Teile der Gebäude drohten zu zerfallen. Jetzt war es an der Zeit, Überlegungen anzustellen, was aus dem Hofgut werden sollte, das einst im Besitz eines Adligen war.
Aus der Zeit zwischen 1800 und 1858, in der zunächst der Freiherr von Wangen, Domherr zu Basel, Speyer und Worms, Eigentümer des Hofguts war, wo später sein Neffe, der Comte de St. Sauveur und dessen Frau Anna von Montagnac mit Sohn residierten, finden sich bis heute unzählige Dokumente, Urkunden und Zeitzeugnisse im Besitz der Familie Schüler. Darunter handgeschriebene Rezeptbücher sowie allerlei edles Geschirr, Silberbesteck, Haus- und Küchenutensilien. Die Hinterlassenschaften der französischstämmigen Herrschaften, damals noch von Bediensteten bekocht, dienten den Schülers als Ansporn und Ideengeber für ihre eigenen Vorstellungen von gastlichem Genuss im 20. Jahrhundert: eine Fusion aus Vinothek, Restaurant und Kulturtreff . Die Idee der Gründung eines Genussspielhauses war geboren.
Der Zusammenbruch der alten Scheune auf dem Areal des heutigen Genussspielhauses gab den Startpunkt und die Grundrisse vor. „Deshalb gibt es im ganzen Haus keinen einzigen rechten Winkel“, erzählt Rainer Schüler. Umrahmt vom denkmalgeschützten Nebengebäude, der Remise, und den Wohnhäusern der Familie sollte das neue, moderne Haus entstehen. 2019 rollte der erste Bagger an, nach rund zweieinhalb Jahren Bauzeit wurde das Projekt am 15. September 2021 feierlich eröffnet – und gleich darauf eiskalt von der Pandemie erwischt. Heute aber blicken alle Beteiligten zufrieden auf ihr Werk. Aus dem historisch bedeutenden Hofgut ist ein lebendiger Treffpunkt geworden: für Genießer, Freunde des Weins und der anspruchsvollen Küche, aber auch für Orts- und Geschichtskundige, die das Außergewöhnliche und Nostalgische zu schätzen wissen.
„Im Sommer auf der großen Terrasse genießen unsere Gäste den Ausblick auf die Vogesen, vom innenliegenden Atrium blicken sie auf die alten Gemäuer“, schwärmt Ruth Schüler. „Hochzeiten hatten wir auch schon einige. Und erste Konzerte, Kabarett-Abende und Weinproben, kombiniert mit Kleinigkeiten aus der Küche, die an unserer schwebenden Theke, dem ‚Flying Table‘, serviert werden, gab es auch schon.“ Das Hauptaugenmerk aber liegt auf den kulinarischen Genüssen abends im gemütlichen Gastraum mit Blick auf das üppig gefüllte Weinregal, auf museumsreife Familienandenken und durch die großzügigen Fensterflächen auch auf historische Mauern. Das Ganze aus einem tiefergelegten Niveau, eineinhalb Meter unter der Erde, damit der Neubau das denkmalgeschützte Ensemble nicht dominiert.

Das üppig gefüllte Weinregal im Gastraum liefert die harmonische Begleitung für die von Küchenchef Dejan Stojakovic und seinem Helfer Christian Grathwol kreierten feinen Speisen.
Außergewöhnlicher Charme und Charakter
Rund 70 Sitzplätze fasst der Raum, und mehr Gäste sollen es auch nicht sein, damit sich alle rundum wohlfühlen. Die Akustik des Bauwerks aus Glas und Stahl wird sanft gedämpft durch die weichen Lederpolster der flexibel aufstellbaren Sitzbänke. Mal lassen sie sich in einem großen, zusammenhängenden Raum mit Bühne arrangieren, dann wieder entstehen mehrere kleinere Separees. Vieles ist möglich, über alles lässt sich reden. Und das gilt auch für die Küche, in der Küchenchef Dejan Stojakovic, ein erfahrener Koch mit kroatischen Wurzeln, und sein ebenso weit gereister und erfahrener Helfer, Christian Grathwol, nahezu von der ersten Stunde an gemeinsam die Löffel schwingen.
Eine feste Speisekarte gibt es nicht, stattdessen eine kleine Auswahl feiner Gerichte, die sich auf persönlichen Wunsch auch vegan oder vegetarisch anpassen lassen, und die als Menüvorschläge auf einer handgeschriebenen Tafel stehen. Dazu empfiehlt Ruth Schüler einen der hauseigenen Weine. Die Weiß-, Spät- oder Grauburgunder schmücken selbst gestaltete Etiketten, die symbolisch die Form der alten Remise abbilden. Bier und Gin verbergen sich hinter den Motiven historischer Postkarten aus dem Fundus der Familie. Wer mag, probiert zu zweit die hauseigene „Schnabulata“, eine Zusammenstellung von Vorspeisen, die die Bandbreite der Küche repräsentiert. Diese ist weitestgehend regional und saisonal, stets frisch und hausgemacht. Wo möglich, bezieht das Haus alle Zutaten und Weine aus einem Radius von 15 Kilometern um den Hof.
„Oben im Berg“ heißt der kräftige Grauburgunder, der im Holz- oder Barrique-Fass gereift ist, und dessen Namensgeber der Urgroßvater von Rainer Schüler war. Er harmoniert ideal mit dem Rezeptvorschlag, den sich die Inhaber gemeinsam mit ihrem Küchenteam für das Lust auf REGIO-Magazin ausgedacht haben. So harmonisch wie der Wein und das Essen, so präsentiert sich auch das kleine, bestens aufeinander eingespielte Team, das seine Gäste liebevoll umsorgt, im und um das Genussspielhaus mit seinem außergewöhnlichen Charme und Charakter.
Schüler Genussspielhaus:
Mengener Straße 2 79238 Ehrenkirchen-Scherzingen Tel.: 07664/5089020
Öffnungszeiten: Di.–Sa., 17.30–22.30 Uhr (Küche bis 20.30 Uhr)
Der Zugang ist barrierefrei möglich über einen Aufzug.
genussspielhaus.de