Als Pädakustikerin braucht es Einfühlungsvermögen Ausbildung & Arbeit | 21.10.2022 | Amalie Breitenhuber (dpa)/BZ

Pädakustikerin Claudia Brömel bei einer Sitzung mit Mutter und Kind Sieht spielerisch aus, ist aber aufwendig: Als Pädakustikerin ermittelt Claudia Brömel die Hörschwelle kleiner Kinder über eine Methode, die sich visuelle Verstärkungsaudiometrie nennt.

„Hörgeräte sind doch nur was für alte Menschen“ – das bekommt Claudia Brömel im Zusammenhang mit ihrem Beruf häufiger zu hören. Dabei ist sie als ausgebildete Pädakustikerin auf das Gehör von Kindern und Säuglingen spezialisiert. Dem f79-Magazin erzählt sie, was die Arbeit so herausfordernd macht und worin sie Erfüllung findet.

„Als es um die Berufswahl ging, hat mir die Berufsberaterin empfohlen, Hörakustikerin zu werden. Ich war schon als Kind handwerklich interessiert und als Brillenträgerin zudem begeistert von Hilfsmitteln. Nach der dreijährigen Ausbildung zur Hörakustikerin fing ich als Gesellin in einem kleinen Betrieb an. Der Betrieb war schon immer auf die Versorgung von Kindern spezialisiert, weil die Uniklinik in der Nähe ist. Das fand ich von Anfang an sehr spannend.

Darum habe ich mich an der Akademie für Hörakustik in Lübeck zur Pädakustikerin fortgebildet. Später habe ich die Meisterschule besucht und schließlich vor sechs Jahren gemeinsam mit meiner Kollegin den Betrieb unseres ehemaligen Chefs übernommen.

Hand hebt ein Kinderohr hervor

Tatsächlich hat meine Berufsberaterin damals gesagt: ,Hörakustiker, das ist ein bisschen wie Optiker – nur für die Ohren.‘ Das ist vielleicht insgesamt ein bisschen banal ausgedrückt, denn an sich ist das Ohr ein sehr komplexes Organ. Als Pädakustikerin qualifiziert man sich speziell für die Arbeit mit Kindern weiter. Drei Jahre Berufserfahrung als Hörakustikerin oder der Meisterbrief sind die Voraussetzung, um sich auf das Fachgebiet und die Versorgung von Kindern spezialisieren zu können.

Die Aufgaben in meinem Arbeitsalltag unterscheiden sich auch je nachdem, wie alt das Kind ist, das versorgt werden muss. Geht es um einen Säugling, steht an erster Stelle der Vertrauensaufbau zu den Eltern. Es gibt seit 2009 bundesweit das universelle Neugeborenen-Hörscreening. Somit werden Hörverluste schon im Säuglingsalter erkannt.

Die Kinder sollten dann schnellstmöglich mit Hörsystemen versorgt werden. Dafür kommen sie zu uns. Wir nehmen Ohr-Abformungen, wählen Hörsysteme aus und stellen sie individuell auf den Hörverlust ein. Da Kinder ständig wachsen, ändert sich die Anatomie des Ohres und sollte in regelmäßigen Abständen überprüft und neu angepasst werden.

Hände die einem kleinen Mädchen ein Hörgerät anlegt

Gut zu hören kann auch schon bei Kindern nur mit Hilfsgeräten möglich sein.

Das Schönste in meinem Beruf ist immer wieder der Moment, wenn man das Hörgerät eines Säuglings zum ersten Mal einschaltet. Das ist ein sehr emotionaler Moment, wenn ein Kind zum ersten Mal auf die Stimme der Mutter reagiert. Da fließen oft auch Freudentränen bei den Eltern. Auch bei den älteren Kindern, die schon kommunizieren können und sofort sagen, ‚Oh, das ist toll, ich kann dich ja jetzt besser hören‘, ist das ein total schönes Gefühl. Diese Dankbarkeit von Eltern und Kindern gehört mit zu den schönsten Seiten.

Die größten Herausforderungen sind: Die Hörbahnreifung eines Kindes ist ungefähr nach 18 Monaten abgeschlossen. Diese Phase ist sehr wichtig für den Spracherwerb. Führt man die Hörgeräte-Versorgung frühzeitig durch, hat das Kind hier die besten Voraussetzungen. Und genau da liegt auch die Herausforderung: In dieser Zeit die Bedürfnisse der Kinder zu erkennen und richtig darauf zu reagieren – mit dem Ziel, Säugling oder Kind bestmöglich zu versorgen.

Die Digitalisierung kann bereits einige handwerkliche Tätigkeiten in unserer Branche ersetzen. Die Kommunikation mit dem Menschen, Vertrauen zu einem Kind aufzubauen, um eine erfolgreiche Hörsystemversorgung durchführen zu können, das sind und bleiben aber die wichtigsten Fähigkeiten in unserem Beruf.“

Fotos: © Markus Scholz (dpa); Helen Ahmad (dpa)