„Bis zur Rente in Matschhosen“: Valentina macht eine Ausbildung als Gemüsegärtnerin Ausbildung & Arbeit | 09.06.2024 | Paula Brand

Ein Bild von der Auszubildenden Valentina Volkmer Auf dem Hof wird jede Menge frisches Gemüse angebaut, wie zum Beispiel Tomaten. Auch Lauchzwiebeln wervden von Valentina gebündelt.

Viel Abwechslung, gute Perspektiven, überschaubares Gehalt: Valentina Volkmer (22) hat sich für eine Ausbildung als Gemüsegärtnerin entschieden. Auf dem Klosterhof in Gundelfingen lernt sie alles, was für ihren Job wichtig ist: von der Vorbereitung der Märkte über die Ernte bis zur Pflege des Gemüses. Im f97 erzählt sie von Aufgaben, Herausforderungen und Karriereplänen.

„Sehr zukunftsfähig“

Wer einen zukunftsfähigen Job sucht, muss nicht BWL studieren oder eine Bank-Ausbildung machen. Auch Berufe in der Landwirtschaft bieten Sicherheit: „Gemüsegärtner*in ist auf jeden Fall ein sehr zukunftsfähiger Beruf, weil Leute immer etwas essen müssen“, sagt Valentina Volkmer.

Seit anderthalb Jahren lernt die 22-Jährige auf dem Klosterhof in Gundelfingen. Damit ist sie eine von vielen: Seit 2022/23 machen 13.827 junge Menschen in Deutschland eine Ausbildung zum Gärtner oder zur Gärtnerin. 474 haben sich für die Spezialisierung als Gemüsegärtner*innen entschieden. Während das Verhältnis von männlichen zu weiblichen Azubis in der Gesamtbranche 80:20 beträgt, liegen die Zahlen im Gemüsebau bei fast 50:50. So erlebt es auch Valentina.

„Immer einen Gemüsegarten gehabt“

Zum Beruf gekommen ist sie über ihre Familie: „Ich bin landwirtschaftsnah aufgewachsen und habe immer einen Gemüsegarten gehabt.“ Eigentlich wollte sie ökologische Landwirtschaft studieren. Doch stattdessen machte sie ein paar Probearbeiten an verschiedenen Höfen.

Der Klosterhof hat ihr am besten gefallen. Er wird seit mehr als 500 Jahren von Familie Müller geführt. Seit 1989 ist der Betrieb offizielles Mitglied des Bioland-Verbandes. Der Klosterhof bewirtschaftet rund 40 Hektar Ackerland und einige Gewächshäuser.

„Tut öfter mal was weh“

Besonders wichtig sind dort die Wochenmärkte. Daran orientiert sich die Ernte. Insgesamt fünf Märkte beliefert der Hof: darunter Gundelfingen, Littenweiler und die Wiehre. Ebenfalls eine große Rolle spielen die freitäglichen Backtage. Dafür kommen extra zwei Bäckerinnen in den Betrieb. Sie bereiten die Brote und Kuchen für die Märkte vor.

Zu Valentinas Aufgaben zählen das Vorbereiten der Märkte, Pflanzen säen und Pflegearbeiten. Im Herbst ist die große Lagerernte, bei der unter anderem Wurzel­gemüse wie Möhren, Sellerie oder Rote Beete geerntet wird. Diese werden im Winter sortiert und verkauft. Da bei jedem Wetter draußen gearbeitet wird – und das den ganzen Tag –, findet Valentina den Arbeitsalltag sehr abwechslungsreich. Vor allem im Sommer ist das allerdings nicht zu unterschätzen: „Es ist anstrengend und mir tut öfter mal was weh.“

20 Prozent brechen ab

Ist die Ausbildung attraktiv für junge Menschen? „Ja“, sagt Valentina. Der Beruf sei sehr zukunftsfähig und es gebe viel Nachfrage an Ausbildungsplätzen. Und das, obwohl viele Betriebe nicht mehr ausbildeten.

Allerdings funkt die finanzielle Lage dazwischen: Das durchschnittliche Ausbildungsgehalt variiert je nach Lehrjahr. Es liegt zwischen 620 und 930 Euro brutto monatlich. Die Abbrecherquote für die Gärtnerausbildung in Deutschland beträgt knapp 20 Prozent. Auch nach der Ausbildung verdiene man nicht gut, erzählt Valentina. Das Gehalt liege nur knapp über dem Mindestlohn. Selbst Betriebsleiter*innen verdienen nur zirka 18 Euro die Stunde. Viele bleiben genau aus diesem Grund nach der Ausbildung nicht bei ihrem Beruf.

Ausbildung soll attraktiver werden

Laut dem Zentralverband Gartenbau e. V. setzen sich die Branchenverbände gemeinsam dafür ein, die Ausbildungsverordnung zu überarbeiten. Ziel ist es, die Ausbildung besser an die Anforderungen der Betriebe anzupassen und dem Strukturwandel in der Branche entgegenzuwirken. Die Änderungen sollen die Ausbildung attraktiver machen und die zahlreichen Karrieremöglichkeiten hervorheben.

Ein Bild von Valentinas Anbau.

Valentina will nichtsdestotrotz bei ihrem Beruf bleiben. Sie kann sich nicht vorstellen, etwas anderes zu machen. Und noch etwas treibt sie an: „Als ich die Ausbildung angefangen habe, hat mich gestört, dass irgendwie meistens Männer Betriebe leiten und ausbilden. Dann war mein Anspruch: Okay, ich möchte jetzt die Ausbildung machen und dann Meisterin werden und Betriebsleiterin und Ausbilderin.“

Weiterempfehlen will sie den Beruf auf jeden Fall. Und überhaupt: „Welchen Beruf gibt es schon, bei dem man bis zur Rente in Matsch­hosen arbeiten kann?“

Fotos: © Paula Brand