Film des Monats im Kommunalen Kino: Raoul Pecks „I am not your Negro“ Kinonews | 07.06.2017

Als „I am not your Negro“ im Mai im Rahmen des Freiburger Filmforums als einer der Schwerpunktfilme zum Thema „America the Beautiful“ im Kommunalen Kino gezeigt wurde, war der Saal trotz eines strahlend schönen Frühsommerabends bis auf den letzten Platz besetzt. Für alle, die dort keinen Stuhl mehr ergatterten, gibt es jetzt eine gute Nachricht: Diese ausgezeichnete Dokumentation des haitianischen Regisseurs Raoul Peck ist Film des Monats und von Donnerstag, 8. Juni bis Dienstag. 13. Juni dort zu sehen.

Grundlage des Films ist James Baldwins letztes, unvollendet gebliebenes und nie veröffentlichtes Buch „Remeber this House“. In diesem autobiografisch geprägten Fragment setzt sich der vor 30 Jahren verstorbene afroamerikanische Autor mit den Ursachen und Auswirkungen des Rassismus in den USA auseinander – unter anderem am Beispiel von drei Weggefährten, die in den 1960-er Jahren als Bürgerrechtler ermordet wurden und denen er posthum ein Denkmal setzt: Medgar Evers, Malcolm X und Martin Luther King.

Er schreibt aber auch – und Peck zeigt die erschütternden Bilder dazu, über ein junges Mädchen, das 1956 als erste schwarze Schülerin eine weiße Schule in North Carolina besuchen „darf“: Dorothy Counts. Und er dokumentiert, wie sich dieser Schulweg, der eine neue Ära hätte eröffnen sollen, zu einem Spießrutenlauf auswächst: Vor der Schule erwartet sie ein wütender weißer Mob, der ihr den Zugang zum Schulgelände verwehren will; sie wird verhöhnt, bespuckt, mit Steinen beworfen.

Das Bild des gedemütigten und dennoch aufrecht gehenden Mädchens ging um die Welt – und bewog den damals in Paris lebenden Schriftsteller zur Rückkehr in die USA. „Es hätte jemand für sie da sein müssen“, zitiert der Schauspieler Samuel L. Jackson aus Baldwins Manuskript, damit sie „nicht so unfassbar alleine“ gewesen wäre in dieser feindlichen Welt. In diesem feindlichen Land, das Baldwin ja verlassen hatte, um den Repressionen gegen die schwarze Bevölkerung zu entgehen. Er engagiert sich in der Bürgerrechtsbewegung, wird zu einem ihrer meistgelesenen Wortführer – und lernt die drei so gegensätzlichen Aktivisten kennen, denen er sein „Remeber this House“ widmet.

Raoul Peck lässt – anhand dokumentarischer zeitgenössischer TV-Aufzeichnungen – aber nicht nur sie und Baldwin wieder zu Wort kommen. Er zeigt auch, wie das weiße Amerika damals tickte. Und immer noch tickt: Dem historischen Archivmaterial, etwa von den Unruhen in Birmingham 1963, stellt er aktuelle Aufnahmen gegenüber, etwa von den Demonstrationen in Ferguson 2014. Und die unterscheiden sich eigentlich in nichts: Immer noch prügeln weiße Polizisten brutal auf Schwarze ein, immer noch gibt es für diese kein Entrinnen.

Rauol Pecks essayistische Arbeit gehört zu den besten Filmen des Jahres. Und zu denen, die jeder Mensch, der sich ernsthaft für die Überwindung der Ungleichheit der Menschen dieser Erde einsetzt, unbedingt gesehen haben muss. Ein eindringlicheres, aktuelleres Plädoyer gegen Rassismus und Hass gibt es derzeit kaum.

Text: Erika Weisser / Bilder: © Edition Salzgeber

I am not your Negro
USA 2017
Regie: Raoul Peck
Dokumentarfilm
Verleih: Edition Salzgeber
Laufzeit: 93 min.
Am 8. , 9., 10., 11. und 13. Mai im Kommunalen Kino