„Geht um die Community“: Drei Freiburger bauen ambitionierte Musiklocation Musik | 19.11.2024 | Till Neumann
Wollen was aufbauen, das fehlt: Sebastian Duis, Fabian Leibham und Andriy Gabor (von links)„So viele Kreative hier. Aber kein Zufluchtsort.“ Mit dem Befund haben sich drei Freiburger zusammengetan, um etwas zu ändern. Seit Juli leiten sie den Verein Kulturraum Freiburg. An der Merzhauser Straße soll Anfang Dezember der erste Proberaum öffnen. Eine Bühne steht schon. Chilli-Redakteur Till Neumann hat sich das Areal angeschaut.
Zwei silberne Schaufenster-Puppen stehen vor der Bühne. Ihre Körper in gold-glänzende Folie gehüllt. Als Köpfe dienen zwei graue Röhrenfernseher. Um sie herum: ein 550 Quadratmeter großes Areal voller Technik, Möbel und Accessoires.
Sechs Proberäume
Einen Namen hat die Location noch nicht. Doch die Halle an der Merzhauser Straße 16 hat Potenzial. 2012 eröffnete hier ein Asia Markt, es folgten ein Store für VR-Brillen, ein Geschäft für Terrassenmöbel und eine Corona-Teststation. Dann lag das Gebäude brach. Fabian Leibham (29), Sebastian Duis (35) und Andriy Gabor (26) griffen zu. Im Juli haben sie den Verein Kulturraum Freiburg gegründet. Seit September sind sie Untermieter hier.
Sechs Proberäume sollen entstehen. Zudem ein Saal für Partys und Livemusik, Studios, Ateliers (Tattoos/Nähen/Video) und ein Gemeinschaftsbereich. Für Fabian Leibham ist es die „perfekte Location“, um die Szene zu connecten. „Es geht um die Community“, betont er. Gabor schwebt eine „Rundumversorgung für Bands“ vor. Zum Proben, Connecten, Auftreten und Recorden.
Die Technik ist vor allem aus dem Bestand von Duis. Gebaut wird selbst. Das Vereinskonzept haben Gabor und Leibham entwickelt, die BWL und VWL studieren und im Nachtleben aktiv sind. Leibham als Betriebsleiter des Harmonie Kellers, Gabor als Elektro-DJ und Veranstalter. Die Idee ist, einen Verein mit 3000 Mitgliedern aufzubauen, der diesen Zugang zum Areal bietet. 70 Fördermitglieder sind es bisher. 25 Euro im Jahr bezahlen sie.
Wer einen Proberaum nutzen möchte, zahlt dafür extra. „Höchstens 150 Euro“, betont Gabor. Der Verein sei Non-Profit, die Halle solle sich lediglich selbst tragen. Mietbar sollen die Proberäume für einen oder zwei Wochentage sein. Von Kapazitäten für mindestens 30 Bands geht das Trio aus. Finanziell greift ihnen ein anonymer Geldgeber unter die Arme. Rund 20.000 Euro haben sie bisher investiert. Nun steht im Raum, einen Kredit aufzunehmen.
Anstrengende Wochen
Auf die Idee kamen sie durch fehlende Flächen. „Es kann doch nicht sein, dass so eine coole Stadt mit so vielen Kreativen keinen Zufluchtsort für junge Leute hat“, berichtet Leibham. Bei Veranstaltungen des Kulturamts wurden sie enttäuscht. „Wir haben uns die Problematik der Stadt angehört und ein paar andere Vereine kennengelernt“, erzählt Gabor. „Die haben alle gute Punkte, aber irgendwie passiert da nichts.“ Also sagten sie sich: „Dann machen wir es selbst.“
Die vergangenen Wochen waren anstrengend. Doch runterschalten wollen sie nicht. Zum 1. Dezember soll hier die erste Band proben. Langfristig könnte das Areal um den 330 Quadratmeter großen Keller erweitert werden.
Fotos: © Till Neumann
Unendliche Geschichte: Seit Jahren warten Bands auf eine Lösung für den Proberaum-Mangel