Ein verwunschener Garten: Sylvia Hämmerles Paradies in Waldkirch Haus & Garten | 31.05.2020 | Frank von Berger

Blechlaterne-im-Geäst

Eine ruhige Seitenstraße, grüne Hecken und schmucke Villen: Waldkirch von seiner schönsten Seite. Hier versteckt sich ein Kleinod, das entdeckt werden will. In den letzten drei Jahrzehnten wuchs in der Merklinstraße ein außergewöhnlicher Garten heran.

Betritt man den Garten von Familie Hämmerle, ahnt man nicht, was einen erwartet. Ein paar Stufen auf dem Weg zur Haustür empor, dann links ab, und der Weg führt in ein zauberhaftes Refugium, das man von der Straße aus nicht sieht. Obwohl der Garten nach Norden ausgerichtet ist und deshalb nicht so viel Sonne abbekommt, begrüßen im Frühsommer zahlreiche Rosen die Besucher. Ramblerrosen, also in Bäume kletternde Blütenschönheiten, sind die besondere Liebe von Sylvia Hämmerle, der Schöpferin dieses Märchengartens. „Bobbie James“ und „Rambling Rector“ sind nur einige der Sorten, die hier ihre duftigen Blüten entfalten. Überhaupt sind Rosen die erklärte Leidenschaft der Gartenenthusiastin und Innenarchitektin, die auch als Autorin und Gartenberaterin tätig ist. Sie liebt zudem Alte Rosen wie „Charles de Mills“ oder „Rose de Resht“, ebenso die Schottische Rose „Stanwell Perpetual“. Die robuste, stachelige Schönheit bringt zuverlässig bis in den Herbst hinein immer wieder neue blassrosafarbene, duftende Blüten hervor. Ein echter Hingucker ist auch „The Queen Elizabeth Rose“, eine öfterblühende, rosafarbene Grandiflora-Hybride.

Sieht man sich im Garten um, bleibt ein Blick auf das schöne alte Haus nicht aus. Die Villa wurde 1899 vom Architekten, Bildhauer, Maler und damaligen Leiter der Kunsthochschule Karlsruhe, Professor Karl Hofacker, im Gründerzeitstil erbaut. Türmchen und Erker – das gehörte früher einfach dazu, ebenso wie ein neobarocker Garten mit Pavillon und Springbrunnen. Als das Haus 1953 verkauft wurde, baute man es im Stil der Nachkriegszeit um. Der damals noch in zwei Ebenen gestaltete Garten wurde eingeebnet und zeittypisch mit Koniferen und ein paar Rosenstöcken bepflanzt. Pflegeleicht, aber eher langweilig. Als Familie Hämmerle 1993 das Anwesen übernahm, war sofort klar, dass der Garten neu gestaltet werden sollte. Wie gut, dass Sylvia Hämmerle bereits Gartenerfahrung besaß. Sie wuchs im österreichischen Dornbirn unweit des Bodensees auf und hatte im elterlichen Garten bereits in Jugendjahren einen Kräutergarten angelegt. Später lebte sie zwölf Jahre in Südafrika, wo sie in der Nähe von Kapstadt einen eigenen großen Garten gestaltete. Inspiriert wurde sie unter anderem von Besuchen im Botanischen Garten von Kirstenbosch und durch die Gärten ihrer britisch geprägten Nachbarn. „Das mediterrane Klima dort unten war ideal fürs Gärtnern. Man brauchte nur ein paar Pflanzentriebe in die Erde zu stecken, und sie wuchsen gleich an“, erinnert sie sich. „Es regnete mindestens einmal die Woche zuverlässig, sodass in dem milden Klima alles wie von selbst wuchs.“

Schaukel-mit-Blumenkasten

Ein zauberhaftes Refugium verbirgt sich rund um die schöne alte Villa der Hämmerles in Waldkirch. Immer wieder stößt man beim Besuch auf überraschende Arrangements.

„Gezähmte Wildnis“

Als Sylvia Hämmerle dann in Waldkirch zu gärtnern anfing, musste sie zunächst einmal viel Lehrgeld bezahlen, wie sie sagt. Die anderen Klimaverhältnisse im Breisgau und der aufgeschüttete Boden des Grundstücks in der Merklinstraße waren eine Herausforderung. Dazu kam der mit düsteren Koniferen bestückte Garten. Ihr Mann und ihre beiden Söhne halfen mit, einen Teil der tristen Nadelgehölze zu roden. Ihr Mann kommentiert lächelnd: „Ich war der Sklave ihrer Kreativität!“ Doch es hat sich gelohnt. Von den vielen Gehölzen blieben lediglich eine große Trauer-Esche (Fraxinus excelsior „Pendula“) und einige Eiben, die Sylvia Hämmerle in Formschnitt erzog. Und der damalige Springbrunnen ist heute ein Teich, der die Mitte des Gartens ziert. Rasenflächen gibt es im Garten kaum, dafür aber gewundene Pfade, Staudenbeete und zahlreiche Sitzplätze, die zum Verweilen einladen. Von dort aus schweifen die Blicke auf immer wieder überraschende Arrangements mit bemoosten Steinbänken, bepflanzten Töpfen, Kübeln und dekorativen Skulpturen. „Manche der Steinelemente im Garten kamen aus unserem Garten in Südafrika per Container nach Waldkirch“, sagt Sylvia Hämmerle. Die kreative Gartendekoration hat sie über die Jahre selbst zusammengesammelt. „Früher habe ich viel auf Flohmärkten herumgestöbert, aber irgendwann wurde es einfach zu viel für die Wohnräume. Einen Teil der Beutestücke brachte ich dann im Garten unter, und Freunde steuerten auch immer wieder etwas vom Dachboden oder aus dem Keller bei.“

Rondell-mit-Ramblerrose

Kletternde Rosenschönheiten sind Hingucker im Garten von Sylivia Hämmerle, der die Villa in der Merklinstraße märchenhaft umrahmt.

Inzwischen ist der Garten eingewachsen, und die vor mehr als zwei Jahrzehnten neu gepflanzten Gehölze, wie etwa Blutpflaumen und Magnolien, sind zu stattlichen Bäumen herangewachsen. Neue Pflanzen kauft Sylvia Hämmerle gern in renommierten Gärtnereien wie der von Dieter Gaißmayer in Illertissen. Einige ihrer rund hundert Rosensorten hat sie im Landhaus Ettenbühl bei Bad Bellingen erworben. Aber sie wird auch schon mal im Gartencenter fündig. „Allerdings nur bei ausgewählten Pflanzen und auf keinen Fall bei Gartendekoration. Denn die hat viel zu wenig Patina und Individualität.“ Und Letztere ist in ihrem Garten auf jedem Quadratmeter sichtbar. Auf Anfrage bietet Sylvia Hämmerle übrigens Gartennachmittage an, wo sie ihr Wissen inmitten ihrer „gezähmten Wildnis“, wie sie ihren Garten auch nennt, gern teilt. Etwa über das biologische Gärtnern und das Düngen der Pflanzen mit Effektiven Mikroorganismen, einem aus vergorener Melasse und Kräutern selbst hergestellten Flüssigdünger.

Wegen der Corona-Krise ist der ursprünglich geplante „Tag der offenen Gartentür“ am 14. August 2020 noch nicht sicher. Auf Anfrage empfängt Sylvia Hämmerle aber gern einzelne Gäste mit gebotenem Sicherheitsabstand, sofern sie sich telefonisch anmelden.

Info

Garten Sylvia Hämmerle
Merklinstraße 17
79183 Waldkirch
Tel.: 0 76 81/49 47 84

Fotos: © Frank von Berger