Hilda5: Ohne Förderung gibt's bald keine Kultur mehr STADTGEPLAUDER | 08.03.2017

Dunkelblaue Kinositze auf Paletten, eine Leinwand, ein Beamer – das Kino im Miniaturformat ist so aufgebaut, dass es jederzeit seinen Standort wechseln kann. Wenn es nach den Mitgliedern des Kultur­aggregats geht, werden die mit Samt bezogenen Sitze so bald keinen anderen Raum mehr sehen als den frisch zum Kino umgebauten Keller der hilda5. Doch, ob es hier tatsächlich eine Zukunft für den Verein geben wird, ist ungewiss. 25.000 Euro brauchen die Kulturschaffenden pro Jahr, um sich Miete und Nebenkosten des ehemaligen Pianohauses Lepthien leisten zu können. Hier stellen sie seit März vergangenen Jahres Ausstellungen junger Künstler, Lesungen, Konzerte oder Theaterstücke auf die Beine. Doch die Kosten dafür sind nur noch bis Mai gedeckt.

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Sollte nicht bald ein wohlhabender Sponsor um die Ecke kommen, gibt es für das Kulturaggregat nur noch eine Hoffnung: den neuen Doppelhaushalt der Stadt. Während die Verwaltung keinen Topf für den gemeinnützigen Verein vorsieht, machen sich die Grünen für ihn stark. Der Verein sei „zu einem Aushängeschild für junge Kunst, Streetart und Jugendkultur geworden“, heißt es im Antrag der Fraktion, den auch die Unabhängige Liste und die JPG befürworten. Doch die Marschrichtung steht fest: Ohne Gegenfinanzierung aus dem Kulturbereich – etwa durch Streichung des Tanz- und Theaterfestivals – wird kein Geld fließen.

Für das Kulturaggregat könnte das das Ende bedeuten. „Der eine oder andere hat schon angekündigt, dass er in diesem Fall aufhört“, sagt Darwin Zulkifli, Vorsitzender des Vereins. Mit großen Schritten durchmisst er die Räume, vorbei an großformatigen Gemälden, Streetart und Graffiti – ein eindrucksvoller Kontrast zu den stuckverzierten Decken und goldenen Kronleuchtern des Jugendstilhauses. Zur Straße hin liegt der Artshop, in dem es Originale und Kunstdrucke, Graphic Novels und Skulpturen zu kaufen gibt. Dahinter soll ein kleines Café zum Netzwerken einladen.

Die Treppe runter geht es zu einer Bühne, auf der Lesungen, Slam-Poetry, Konzerte oder Theater geboten werden. Drei Co-Working-Plätze für Vereine sollen hier demnächst entstehen. Zwei Stockwerke darüber stehen bereits zwei Schreibtische, die Programmierer gemietet haben. „Wir wollen zeigen, dass wir auch selber etwas zu unserer Finanzierung beitragen“, sagt Zulkifli. Auch das Kino – vom Kulturamt mit 4850 Euro bezuschusst – ist ein Schritt hin zu mehr finanzieller Unabhängigkeit. Statt großer Blockbuster sollen hier die Werke junger Filmemacher laufen. Ab Mitte März geht es mit einem Tag der offenen Tür los.
Für eine zusätzliche Finanzspritze hatte auch eine große Kunstauktion Ende Januar gesorgt, bei der 37 Werke unter den Hammer gekommen sind. Deren Erlös ging an das Kulturaggregat. Der große Andrang habe ihn überrascht, so der 36-Jährige: „Für uns war es eine tolle Bestätigung, wie viele Leute hinter uns stehen.“

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Kulturaggregat-Vorstand Darwin Zulkifli

Rund 3 500 Besucher zählt die hilda seit ihrer Eröffnung vor einem Jahr: junge Kulturinteressierte, „für die es abgesehen von der Hochkultur sonst wenig in Freiburg gibt“. Was die Zielgruppe angeht, sehe man sich daher irgendwo zwischen Artik und E-Werk. Und auch die Künstler, die das Kulturaggregat einlädt, stehen meist noch am Anfang ihrer beruflichen Karriere.

Um ihnen die Möglichkeit zu bieten, sich auch ohne Mega-Budget einem Publikum in Innenstadtnähe zu präsentieren, setzt das Kultur­aggregat auch weiterhin auf die Zwischennutzungen von leer stehenden Gebäuden. „Unorte verschönern und temporär zu neuem Leben erwecken“, so das Motto. Gelungen ist das bereits 2014 im Bertels­mann-Gebäude am Siegesdenkmal, das nun zum Motel One umgebaut wird, und in der Atriumpassage am Augustinerplatz, die 2015 wegen Sanierung leer stand. „Für eine Stadt ist es doch toll, wenn man ein leer stehendes Gebäude in einen kulturellen Ort verwandelt“, schwärmt Zulkifli. Im Moment sei man an „zwei neuen ­Zwischennutzungsgeschichten dran“. Näheres will er noch nicht verraten.

Doch für diese Pop-up-Ausstellungen brauche man eine Basis, von der aus man langfristig organisieren kann. „Früher haben wir uns für Teammeetings in der Unibib getroffen“, erinnert sich der Vorstand. Langfristige Planungen waren nicht drin. Mit einer Basis wie der hilda5 könne man die Zwischennutzungen „ganz anders aufgleisen“. Und auch in der Hildastraße selbst seien viel professionellere und aufwändigere Ausstellungen mach­bar, wenn man für längere Zeiträume als stets nur ein halbes Jahr planen könnte. Aufgeben sei daher nicht drin: „Wir kämpfen bis zum Schluss.“

Unmöglichkeiten, 4. bis 29. März
Die aktuelle Ausstellung in der Hilda 5 zeigt die Arbeiten von Janine Machiedo (siehe Bilder oben). Unter dem Titel „Unmöglichkeiten“ zeigt die Freiburger Fotografin surreale und skurrile Welten. Durch digitale Bildbearbeitung tritt bei ihr die offensichtliche Realität in den Hintergrund. Was sie visualisieren will, ist nicht weniger als das Unterbewusstsein. Häufig ist Janine Machiedo selbst das Objekt und das Subjekt ihrer Kunst, gewährt Einblicke in ihre Gefühle und Emotionen. Sie entwickelt dadurch einen ureigenen Stil im Genre der Selbstporträts

Text: Tanja Bruckert
Fotos: Tanja Bruckert & Felix Groteloh