Dem Alltag abgelauscht: Sandhya Hasswanis Mundart-Texte Kultur | 30.03.2020 | Erika Weisser

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Sie ist Journalistin, Buchautorin, Erfinderin von „Gschichtli und Gdichtli“: Sandhya Hasswanis Metier ist das Schreiben, der kreative Umgang mit der Sprache – auch mit der alemannischen. Einen Teil ihrer Texte verfasst sie in Hotzenwälder Mundart.

„Schon als kleines Mädchen träumte ich davon, selbst Bücher zu schreiben“, erinnert sich die Herrischriederin mit indischen Großeltern. Eine richtige Leseratte sei sie gewesen, habe alles, was an Lesbarem in ihre Hände gelangte, „regelrecht verschlungen“: Märchen, Geschichten, Kinderbücher und etliche Romane. Es sei für sie „schon immer faszinierend“ gewesen, sich in andere Welten voller spannender Geheimnisse und Überraschungen zu versetzen. Und an literarischen Orten auf legendäre, fiktive oder auch reale Figuren und Menschen zu treffen und sich auf sie einzulassen. Die Bilder, die dabei in ihrem Kopf entstanden, hätten sie neugierig gemacht und schon zu Schulzeiten zu selbstständigen Schreibversuchen inspiriert.

Die Neugier hat Sabdhya Hasswani sich bis heute bewahrt. Nach dem Abitur in Bad Säckingen entschied sie sich für den Journalismus – den Beruf, für den diese Eigenschaft natürliche Grundvoraussetzung ist. Und seit dem Abschluss ihres Fernstudiums und der Rückkehr von einem längeren Aufenthalt in Indien ist sie als freie Mitarbeiterin bei einer Tageszeitung am Hochrhein tätig. Auch im literarischen Bereich ist es nicht bei Versuchen geblieben. Ihre Kalendergeschichten wurden 2017 und 2018 im Hotzenwaldkalender veröffentlicht; für ihre alemannischen, „dem Alltag abgelauschten“ Gedichte und Prosastücke gewann sie schon einige Preise, etwa 2015 und 2018 bei Gerhard-Jung-Wettbewerben.

Nun hat die 32-Jährige sich auch ihren Mädchentraum erfüllt: Ende Februar ist ihr erstes selbst geschriebenes Buch erschienen. „Sagenhafter Hotzenwald“ heißt es, und sie hat darin nicht nur alte regionale Sagen und Legenden neu erzählt und sich dabei „ganz nah an den Überlieferungen entlang bewegt“. Sie hat sie auch mit akribisch recherchiertem historischem Hintergrund- und Faktenwissen ergänzt und sie in ihren zeitbezogenen Zusammenhängen für heute nachvollziehbar gemacht. Aus ihrer Feder stammen zudem die schönen ganzseitigen Bilder und verspielten Marginalien, die das Schreibwerk trefflich illustrieren – und die im Kopf der Leser entstehenden Bilder aufs Feinste bereichern.

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Die Geschichte vom Stehlifürscht ist auch Thema in Sandhya Hasswanis Sagenbuch.

„Ich kann es selbst noch kaum glauben, dieses Buch jetzt in den Händen zu halten“, sagt sie glücklich. Denn eine Zeit lang habe das Projekt „auf der Kippe gestanden“: Im vergangenen Sommer, als sie gerade mit dem Schreiben fertig war, sei die Zusammenarbeit mit dem Illustrator gescheitert – und damit alles in Frage gestellt worden. Doch als sie gerade schon aufgeben wollte, hätten besonders die Frauen in ihrem Umfeld sie dazu ermutigt, doch selbst wieder zu Pinsel und Farbe zu greifen, um das Buch zu bebildern. „Angesichts dieser geballten Frauenpower“, erzählt die ehemalige Kunst-Leistungskurs-Schülerin dankbar, habe sie zum ersten Mal seit 15 Jahren ihren Aquarellkasten wieder „uusechromt un druflos gmolt“. So wurde es nicht nur ihr erstes, sondern gleich auch ihr ganz und gar eigenes Werk.

Sechs Monate brauchte Sandhya Hasswani für ihre stimmungsvollen Aquarelle. Mit dem Buch, das sie selbst als „Wanderung zu den sagenhaften Orten der Heimat“ bezeichnet, war sie viel länger beschäftigt. Wie lange, könne sie gar nicht mehr sagen. Denn die Idee dazu sei tatsächlich bei den Wanderungen durch die Region Südschwarzwald-Hochrhein entstanden, die die zweifache Mutter gern mit ihrer Familie unternimmt. Irgendwann habe sie angefangen, die nicht immer nur erfreulichen Geschichten und Legenden, die sich um so manch malerischen Ort in dieser wunderschönen Landschaft rankten, aufzuschreiben. Und sie zu sammeln. Und sie zu hinterfragen, neu zu interpretieren: „Schreiben ist ja ein Prozess, eine Entwicklung“, sagt die Autorin. Das Ergebnis dieses Prozesses ist ein veritables literarisches und kulturhistorisches Schatzkästlein.

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Info

Sagenhafter Hotzenwald
von Sandhya Hasswani
Verlag: Friedrich Reinhardt, 2020
320 Seiten, kartoniert
Preis: 25 Euro

 

 

Foto: ©  Sandhya Hasswani, Karin Steinebrunner