Der Friedhof spricht: Das Feld als Buch-Tipp Kultur | 08.08.2018 | dob

Was würden die Toten erzählen, wenn sie denn könnten? In Robert Seethalers neuem Roman „Das Feld“ berichten sie. Etwa der verrückte Pfarrer Hoberg, warum er die eigene Kirche abfackeln musste.

Der spielsüchtige Gärtner Lennie Martin, wie er wegen der Automaten seine Frau verlor. Heide Friedland, wie es mit den 67 Männern war, die sie hatte und von denen sie nur einen liebte. Oder der Bürgermeister, auf dessen Grab sich die Kleinstadtjugendlichen nun betrinken, von seiner Korruptheit.

Es sind fein gesponnene, einfühlsam erzählte Geschichten vom Ende her. Alle die, die hier ihre Leben Revue passieren lassen – die kleinen Triumphe und Glückseligkeiten, die Katastrophen, die Erfüllung, die Leere und die Einsamkeit –, sie liegen auf „dem Feld“, wie die Paulstädter ihren Friedhof nennen. Paulstadt, das ist ein kleiner Kosmos des Daseins, in einer halben Stunde ist man von einem Ende zum anderen gelaufen, eine Straßenbahn sollte mal hin, kam aber nicht, und das Einkaufszentrum am Stadtrand stürzte ein und begrub drei Menschen unter sich. Hier laufen die Stränge zusammen. Und die Frage lautet: Hätte das Leben ganz anders sein können? Und wenn ja, wie und mit wem.

Der Österreicher Seethaler, der mit „Ein ganzes Leben“ und „Der Trafikant“ den Durchbruch schaffte, wird immer mehr zum ernsten, zum nachdenklichen Erzähler. Das ist nicht unbedingt eine schlechte Nachricht.

Das Feld
von Robert Seethaler
Verlag: Hanser, 2018
240 Seiten, gebunden
Preis: 22 Euro